Landwirtschaft und Forstwirtschaft: gestärkt in die europäische Zukunft

Vorwort

Zweck dieses Berichtes ist es, die Vorstellungen von ECOVAST über eine nachhaltige Zukunft von Land- und Forstwirtschaft in ganz Europa darzulegen. Es wird anhand von Beispielen aufgezeigt, was dieses für die Politik und das praktisches Handeln bedeutet.

Die Ideen in diesem Bericht stehen im Zusammenhang mit ECOVASTs "Strategie für das ländliche Europa", die 1991 veröffentlicht und 1994 überarbeitet wurde. Land- und Forstwirtschaft können nicht losgelöst betrachtet werden von der allgemeinen integrierten ländlichen Entwicklung in ganz Europa. Die Politik auf diesem Gebiet muß den Prinzipien der Nachhaltigkeit, wie sie auf der Weltkonferenz in Rio 1992 vereinbart wurden, folgen. Auf diese Weise bringt der hier vorgelegte Bericht die speziellen GesichtsAbschnitte von Land- und Forstwirtschaft in eine erweiterte Betrachtung ein.

Die Struktur des Berichtes ist folgende:

ECOVAST bittet alle, die sich um das Wohlergehen des ländlichen Raumes kümmern, darum, diesen Bericht zu lesen. Wir selbst werden diese Ideen durch unser weitverbreitetes Netzwerk weiter befördern. Reaktionen auf diesen Bericht sind uns willkommen.

Andras Roman, Präsident

Landwirtschaft und Forstwirtschaft - gestärkte Zukunft in Europa

Inhalt
Abschnitte
Einleitung
Zusammenfassung
Der gegenwärtige Stand von Land- und Forstwirtschaft in Europa 1-2
Veränderungen seit dem Kriege 3-9
Auswirkungen dieser Veränderungen 10-14
aktuelle Ereignisse und die Notwendigkeit einer neuen Herangehensweise 15-23
Prinzipien einer neuen Herangehensweise 24-32
Praktische Umsetzung für die Zukunft
Integrierte ländliche Entwicklung als notwendige Rahmenbedingung 34-40
Nachhaltige Landwirtschaft 41-50
Landwirtschaft auf allen Standorten 51-54
Qualität der Nahrungsmittel 55-64
Nachhaltige und vielseitige Forstwirtschaft 65-76
Wertsteigerung land- und forstwirtschaftlicher Produkte 77-84
Wer soll die Verantwortlichkeit übernehmen? 85-93

Einleitung

Zweck dieses Berichtes ist es, die Vorstellungen von ECOVAST über die Zukunft von Land- und Forstwirtschaft in ganz Europa darzulegen. Es wird anhand von Beispielen aufgezeigt, was dieses für die Politik und das praktische Handeln bedeutet.

Die Ideen dieses Bericht stehen im Zusammenhang mit ECOVASTs "Strategie für das ländliche Europa". Land- und Forstwirtschaft können nicht losgelöst von den ländlichen Gebieten und Gemeinden in Europa betrachtet werden. Eine entsprechende Politik muß die Prinzipien der Nachhaltigkeit widerspiegeln.

Zusammenfassung

Land- und Forstwirtschaft beanspruchen 75% der Landfläche Europas. Sie decken fast den gesamten Nahrungsmittel- und einen großen Teil des Holzbedarfs. In der Land- und Forstwirtschaft finden 8% der Arbeitnehmer eine Beschäftigung, wobei die Zahlen in den verschiedenen Regionen stark schwanken können (Abschnitte 1-2).

Land- und Forstwirtschaft haben seit dem 2. Weltkrieg große Veränderungen erfahren. Wesentlicher Einfluß spielte dabei der Wille der Regierungen, den steigenden Bedarf von Nahrungsmitteln und Holz zu decken. Dieses brachte massive Auswirkungen für die Struktur und das Wesen der Landwirtschaft mit sich, insbesondere auf den ertragreichen Standorten. Auch die Forstwirtschaft wurde dementsprechend einseitig ausgerichtet (Abschnitte3-8).

Als Ergebnis zeigen sich große Kapitalinvestitionen in der Land- und Forstwirtschaft, ein sprunghaftes Ansteigen der Nahrungsmittel und Holzproduktion und eine einschneidende Verringerung der Anzahl land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie deren Beschäftigtenzahl. Des weiteren brachten diese Veränderungen große negative Belastungen für die Umwelt überall in Europa mit sich. Die Subventionsleistungen, die zur Unterstützung dieses Agrarsystems notwendig sind, haben die Finanzhaushalte der Regierungen gewaltig unter Druck gesetzt (Abschnitte10-14).

Verschiedene Politische Veränderungen in jüngster Zeit haben absolut neue Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft geschaffen:

Westeuropa erzielte einen derartigen Lebensmittelüberschuß, daß sich die Europäische Union gezwungen sah, ihre Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zu reformieren. Die Union selbst hat sich in ihrer Struktur verändert und ist größer geworden. Das GATT-Abkommen wirkt sich auf den Nahrungsmittelmarkt aus. Es besteht eine wachsende Sorge um das Wohlergehen ländlicher Regionen und Gemeinden sowie über die allgemeine Umweltsituation, was in den vorgelegten Konzepten zur Nachhaltigkeit zum Ausdruck kommt. Die Lage in Osteuropa hat sich durch den Fall des Eisernen Vorhangs und dem Zusammenbruch der sowjetischen Vorherrschaft verändert (Abschnitte15-23).

Prinzipien einer neuen Herangehensweise

Die aufgeführten radikalen Veränderungen bringen aber auch neue Möglichkeiten mit sich, Land- und Forstwirtschaft in Europa einer völlig neuen Betrachtung zu unterziehen. (Abschnitt 24) Diese neue Betrachtungsweise sollte auf fünf Schlüsselprinzipien basieren:

Praktische Politik

Land- und Forstwirtschaft sind eng mit den anderen Teilen der sozio-ökonomischen Struktur ländlicher Gebiete verbunden. Aus diesem Grund sollte sich die Land- und Forstwirtschaftspolitik in den Rahmen einer integrierten ländlichen Entwicklung einpassen (Abschnitte34-40).

Die Landwirtschaftspolitik sollte sich auf eine nachhaltige Landwirtschaft zubewegen. Die nachhaltige Landwirtschaft ist eine lebendige, moderne Alternative zur konventionellen Landbewirtschaftung. Die Bauern sollten dazu ermutigt werden, als Verwalter der Umwelt und des überkommenen Erbes zu agieren. Bemühungen, landwirtschaftliche Betriebssysteme aufzubauen, die den Verbrauch nicht-erneuerbarer Ressourcen minimieren und die Umweltverschmutzung gering halten bzw. ganz verhindern, sollten gefördert werden (Abschnitte41-50).

Die Landwirtschaft sollte auf allen Standorten des ländlichen Europas erhalten werden, um den europäischen Bedarf an Nahrungsmittel zu decken - in Nord und Süd, West und Ost, auf ertragreichen und auf armen Böden. Es geht aber auch darum, die Lebensweise, die ländliche Wirtschaft und die Kulturlandschaft all dieser Gebiete zu erhalten. Aus diesen Gründen sind wir gegen jede Entwicklung, die die Landwirtschaft in abgelegenen Gebieten zur Aufgabe zwingt und welche exzessiv die Nahrungsmittelproduktion auf den ertragreichen und den am besten zugänglichen Standorten konzentriert (Abschnitte 51-54).

Der Schwerpunkt ländlicher Politik sollte in zunehmenden Maße auf der Qualität und nicht auf der Quantität der Nahrungsmittel liegen. Es sollte daher eine stärkere Unterstützung kleiner Bauernhöfe und kleinerer Unternehmen geben, die im Bereich der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und des entsprechenden Marketings tätig sind. Eine stärkere Unterstützung sollte außerdem in Richtung auf Vielfalt der Feldfrüchte, der Hausviehrassen und der Lebensmittelprodukte weisen (Abschnitte 55-64).

Radikale Veränderungen sind auch im Bereich der Forstwirtschaftspolitik nötig. Forstwirtschaft sollte als eine nachhaltige und vielseitige Tätigkeit angesehen werden, die sich neben der Erzeugung von reiner Holzmasse auch als wirtschaftlicher Faktor des ländlichen Raums begreift und außerdem zur Verhinderung von Bodenerosion und Lawinen beiträgt, das Klima verbessert, den Lebensraum der Pflanzen- und Tierwelt schützt sowie der Erholung und dem Tourismus dient. Die Möglichkeiten einer bäuerlichen Forstwirtschaft müssen deutlicher aufgezeigt werden (Abschnitte 65-76).

Land- und Forstwirtschaft sollten zur Wertschöpfung innerhalb ländlicher Gebiete beitragen. Bauern und Waldbesitzer und die ländliche Bevölkerung sollten dahingehend gefördert und angeleitet werden, zusätzliche Einkommen, durch örtliche Wertschöpfung (Weiterverarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen) und durch Direktvermarktung innerhalb der Region an Einheimische, an Stadtbewohner und an Touristen, zu gewinnen (Abschnitte77-84).

Wer soll die Verantwortlichkeit übernehmen?

Eine neue Herangehensweise beinhaltet eine große Herausforderung an alle Beteiligte, vor allem an Bauern, Waldbesitzer, ländliche Gemeinden, örtliche Behörden, private und ehrenamtliche Organisationen, regionale und staatliche Regierungsstellen und die Europäische Union (Abschnitt 85).

Bauern und Waldbesitzer sollten selbstbewußt die Land- und Forstpolitik und die ländliche Entwicklung beeinflussen. Sie sollten hierzu kreativ ihre jeweiligen Ressourcen einsetzen und sich gegenüber Kooperationen mit anderen Partnern zur Entwicklung nachhaltiger land- und forstwirtschaftlicher Techniken aufgeschlossen zeigen (Abschnitt 86).

Ländliche Gemeinden sollten die Anstrengungen ihrer Landwirte und Waldbesitzer unterstützen, indem sie die Beziehungen zwischen Landwirtschaft und Forstwirtschaft und den anderen Sektoren des örtlichen Lebens stärken (Abschnitt 87).

örtliche Behörden sollten die Land- und Forstwirtschaft im Rahmen ihrer Tätigkeiten klar erkennbar in Politik und Handeln einbeziehen (Abschnitt 88).

Private und ehrenamtliche Organisationen sollten eine Führungsrolle bei der Werbung und Unterstützung für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft übernehmen (Abschnitt 89).

Regional- und Länderparlamente sollten ihre politischen Programme entsprechend anpassen, so daß ein Neuanfang für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft im Rahmen einer integrierten ländlichen Entwicklung ermöglicht wird (Abschnitt 90).

Die Europäische Union sollte zudem ihre Gemeinsame Agrarpolitik in eine Europäische Politik für den ländlichen Raum umwandeln, in der es eine starke Betonung der Nachhaltigkeit, der regionalen Unterschiedlichkeit, diversifizierter bäuerlicher Einkommen und des Schutzes der Umwelt gibt. Die EU Hilfe für Osteuropa sollte selbstverständlich dieselben Prinzipien beherzigen (Abschnitte91-92).

ECOVAST selbst fühlt sich dieser Evolution in Richtung einer wahrhaft nachhaltigen Sichtweise für die Land- und Forstwirtschaft verpflichtet und versucht diesen Prozeß helfend mitzugestalten (Abschnitt 93).

HINTERGRUND

Der gegenwärtige Stand der Land- und Forstwirtschaft in Europa

  1. Bedeutung für Europa. Land- und Forstwirtschaft sind die beiden größten Nutzer der europäischen Landfläche - und das bereits seit einigen tausend Jahren -, wobei sie jedoch massiven Veränderungen unterworfen waren. Derzeit beanspruchen sie ca. 75% der europäischen Landfläche (Landwirtschaft 45%, Forstwirtschaft 30%). Sie erzeugen einen sehr hohen Anteil der benötigten Lebensmittel und einen nennenswerten Teil des Holzes, welche von der europäischen Bevölkerung verbraucht werden. Ihr Bruttosozialprodukt beträgt rd. 6% der gesamten nationalen Bruttosozialprodukte in Europa. Land- und Forstwirtschaft beschäftigen rd. 8% der europäischen Arbeitnehmerschaft.
  2. Bandbreite. Diese groben Zahlen verbergen jedoch die große Unterschiedlichkeit von Land- und Forstwirtschaft in den verschiedenen Teilen Europas. Die nachfolgende Tabelle gibt einen überblick über die Bandbreite der Land- und Forstwirtschaft zwischen den Ländern. Daneben bestehen außerdem große Unterschiede zwischen Regionen und Orten innerhalb eines jeweiligen Landes.

Veränderungen seit dem Weltkrieg

  1. Land- und Forstwirtschaft waren seit dem 2. Weltkrieg sehr großen Veränderungen ausgesetzt. Am bedeutendsten war hierbei die Sorge der Regierungen überall in Europa, eine steigende und zuverlässige Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen. Regierungsmaßnahmen. In Westeuropa kam diese Sorge in einer weit gefaßten Palette von Maßnahmen, wie Preisstützungen und Subventionen, regulierten Märkten, Forschung, erweiterten Dienstleistungen, Finanzhilfen bei Kapitalinvestitionen usw. zum Ausdruck, die insgesamt die Nahrungsmittelproduktion fördern sollten. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft wurden die Anstrengungen der nationalen Regierungen durch die Gemeinsame Agrarpolitik gefördert, um die Produktivität zu steigern, die Einkommen der Bauern anzuheben, die Märkte zu stabilisieren, die Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen und die Verbraucherpreise auf einem angemessenen Niveau zu halten. Auswirkungen auf die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe Der Trend zur Intensivierung hat starke Auswirkungen auf die Struktur und das Wesen der Landwirtschaft gehabt, speziell auf den ertragreichen Böden. Viele Regionen durchliefen einen Wandel der Besitzstruktur, mit einer Zunahme der durchschnittlichen Betriebsgrößen, mit groß angelegten Meliorationen, Drainagemaßnahmen, Unterpflügen, Bewässerungen usw. sowie große Kapitalinvestitionen in Betriebsgebäude und sonstiger Infrastruktur, Mechanisierung von Arbeitsprozessen, intensivem Düngereinsatz, Pestiziden und anderen Hilfsmitteln und Verbesserungen in der Tier- und Pflanzenzucht. Als Ergebnis zeigte sich eine massive Zunahme der Nahrungsmittelerzeugung. So steigerte sich z.B. die Lebensmittelproduktion innerhalb der EG im Durchschnitt um 2% pro Jahr zwischen 1973 und 1988, während der Nahrungsmittelverbrauch durchschnittlich nur um 0,5% anstieg.
  2. Ein großer Teil der Bemühungen zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion konzentrierte sich auf die fruchtbaren Böden. Auf den ärmeren und abgelegeneren Standorten waren diese Veränderungen wesentlich differenzierter. An manchen Standorten gab es ähnliche Entwicklungen, wenn auch längst nicht so intensiv, wie auf den ertragreichen Böden. Woanders wiederum wurden landwirtschaftliche Flächen vernachlässigt oder sogar aufgegeben, da es nicht möglich war, mit den besseren Standorten zu konkurrieren oder weil sich die Bauern dazu entschlossen, an anderer Stelle rentableren Berufen nachzugehen. Dieser Prozeß fand vor allem in vielen Teilen Frankreichs und in den südeuropäischen Ländern statt.
Landwirtschaft und Forstwirtschaft: Ihre Bedeutung in ausgesuchten europäischen Ländern
% der landwirtschaft-lichen bzw. forstwirtschaft-lichen Nutzfläche % von Land- und Forstwirtschaft am Bruttosozialpro-dukt % von Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei an der Beschäftigten-zahl
(a) (b) (c) (d)
EU (wie bei 1994)
Belgien 45 20 2,1 3
Dänemark 64 10 3,7 8
Frankreich 55 26 3,3 5
Deutschland 47 30 1,5 3
Griechenland 44 46 13,9 22
Irland 63 6 9,5 14
Italien 57 28 3,6 9
Luxemburg 49 34 2,2 3
Die Niederlande 48 8 4,0 5
Portugal 49 34 5,3 18
Spanien 52 31 4,6 11
Vereinigtes Königreich 73 10 1,4 2
EU insgesamt 55 31 2,9 6
EFTA (wie bei 1994)
Österreich 43 38 2,5 7
Finnland 87 6 1,8 9
Island 23 1 n.a 11
Norwegen 32 7 1,5 6
Schweden 86 8 0,6 3
Die Schweiz 50 26 2,7 6
Osteuropa
Bulgarien 56 35 5 11
* Die Tschechoslowakei 54 37 8 9
Ungarn 69 18 15 10
Polen 62 29 8 19
Rumänien 64 28 18 19

*(Diese Daten berücksichtigen noch nicht die Aufteilung in Tschechien und Slowakei)

Quellen:

  1. In Osteuropa schlug sich der Einsatz zur Anhebung der Nahrungsmittelproduktion in der Schaffung von staatlichen oder kollektiven Betrieben nieder, die gewöhnlich große Teile der Landflächen einnahmen. So finden sich solche Betriebe in 1988 auf 82% der kultivierten Fläche Ungarns und auf 90% der bearbeiteten Fläche Rumäniens. Nur in Polen hielt man an den Privatbetrieben auf über 70% der Fläche fest. Die staatlichen bzw. die kollektiven Betriebe waren üblicherweise sehr große Komplexe, mit riesigen Feldern und großen zentralen Wirtschaftsgebäuden, die Dutzende oder manchmal hunderte von Menschen beschäftigten. Die Bewirtschaftung wurde zunehmend intensiviert, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie in der intensiven Landwirtschaft Westeuropas. Die in privaten Händen verbliebenen Restflächen waren zumeist produktiver als die kollektivierten. Forstwirtschaft. In der Forstwirtschaft waren die europäischen Regierungen darum bemüht, Holz innerhalb ihrer Länder zu produzieren, um Importkosten einzusparen. Man hatte entweder die Absicht die bestehende Waldfläche zu erhalten oder diese auszudehnen. Deutliches Gewicht lag dabei auf der reinen Mengenerzeugung. Dies führte zur Nutzung schnellwachsender Sorten, wie Nadelbäumen, Pappeln und Eukalyptus, meistens auf Standorten, wo diese nicht heimisch waren. Ursprünglich gab es jedoch eine große Vielfalt, sowohl in den Waldarten als auch im Grad der Weiterverarbeitung in den jeweiligen Ursprungsländern.
  2. Andere Faktoren.Seit dem Krieg übten andere Faktoren Druck auf die Land- und Forstwirtschaft aus. Teilweise entstanden aber auch neue Nutzungsmöglichkeiten:
    • Das Wachstum der Städte und der Bau von Hauptverkehrsstraßen sowie andere bauliche Maßnahmen, die in einigen Regionen auf Flächen vordrangen, welche zuvor land- und forstwirtschaftlich genutzt wurden. Das Wachstum von Tourismus und Naherholung, die in vielen Regionen sich zum Hauptnutzer der ländlichen Räume entwickelt haben und von daher eine zusätzliche Nutzungsmöglichkeit bestimmter landwirtschaftlicher Flächen und Wälder oder ergänzende Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten für Landwirte sowie die ländliche Bevölkerung darstellen. Wachsende Umweltverschmutzung, insbesondere der Böden, der Luft und des Wassers durch eine Reihe von Verursachern, einschließlich der verarbeitenden Industrie, den Kraftwerken, dem Straßenverkehr und der Landwirtschaft selbst. Diese Belastungen haben zudem einen zerstörerischen Einfluß auf die menschliche Gesundheit, die natürlichen Systeme und Strukturen auf dem Lande, einschließlich der Gesundheit vieler Wälder. Die Landflucht aus vielen entfernten und abgelegenen Gebieten führte nicht nur zu Schwierigkeiten in der Landwirtschaft, sondern ebenso zu einem Verlust von Dienstleistungen und ökonomischer Vitalität in den ländlichen Gebieten. Dies und die Attraktivität der Städte schwächte die Märkte und die sonstigen unterstützenden Strukturen der Land- und Forstwirtschaft innerhalb dieser Regionen.
    • In den Ländern Osteuropas und einigen westlichen Nationen konzentrierten sich die meisten wirtschaftlichen Tätigkeiten und öffentlichen Investitionen auf die Städte. Aus diesem Grund entwickelten sich in den betroffenen Ländern kaum ausdifferenzierte ländliche ökonomien, wie man sie in einigen Teilen Westeuropas vorfindet. Dieses Versäumnis, die wirtschaftliche Grundlage ländlicher Gebiete zu erweitern, sorgte dafür, daß die Löhne in der Land- und Forstwirtschaft niedrig blieben, ungeachtet der Tatsache, daß Einkommenshilfen ein Faktum der europäischen Agrarpolitik in den meisten europäischen Länder darstellen und ungeachtet der hohen Agrarsubventionen.

Auswirkungen

  1. Höfestruktur . Das Ergebnis all dieser Entwicklungen war, daß es bis Ende der 80er Jahre zu enormen Kapitalinvestitionen in Landwirtschaft und Forstwirtschaft, speziell auf ertragreichen Standorten kam. Zudem kam es zu einer massiven Steigerung der Nahrungs- und Holzproduktion aber eben auch zu einer einschneidenden und fortdauernden Reduzierung der Anzahl von Höfen und der Forstunternehmen sowie einer Reduzierung der Belegschaften in diesen Erwerbszweigen. So schrumpfte beispielsweise die Anzahl der Höfe in der EG zwischen 1980 und 1990 um mehr als 1 Million. Gleichzeitig fand auch eine deutliche Abnahme in der Vielfalt der Feldfrüchte und Haustierrassen sowie von Lebensräumen und Landschaftsbildern auf den jeweiligen Betrieben statt. Einflüsse auf die Umwelt. In vielen Regionen hatten die Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft schlimme Auswirkungen auf die Umwelt. Diese Auswirkungen zeigen sich u.a. in einer weit verbreiteten Bodenerosion und Versalzung z.B. im Mittelmeerraum oder in ernstzunehmenden Verschmutzungen des Grundwassers durch Gülle und Nitrat-Einwaschungen z.B. in Dänemark, den Niederlanden und anderen Nationen. Schwerer Schaden wurde auch dem Landschaftsbild und den Lebensräumen vieler wild lebender Tierarten zugefügt.

    Das öffentliche Bewußtsein ist mittlerweile auch über die Gesundheit unserer Nutztiere, speziell in Zusammenhang mit der Massentierhaltung z.B. bei Geflügel, gestiegen. Ebenso kritisch wird über die Nachhaltigkeit einer solch intensiven Agrarwirtschaft nachgedacht, welche von dem massiven Einsatz zusätzlicher Hilfsmittel, wie Kunstdünger und fossile Brennstoffe abhängig ist.
    . Auf der anderen Seite wurde die Vernachlässigung bzw. die Aufgabe der Nutzung auf ärmeren und abgelegeneren Standorten als Ursache für die Entvölkerung ländlicher Räume, für die Schwächung ländlicher Gemeinden und für Umweltbeeinträchtigungen, z.B. durch die Vernachlässigung alter Kulturlandschaften, angesehen. In Osteuropa hatte die "Befehlswirtschaft" zu einem erzwungenem Maß an Stabilität der Produktion, der Preise und der Beschäftigung auf den staatlichen und kollektiven land- und forstwirtschaftlichen Betrieben geführt. Die Landwirtschaft wurde jedoch gegenüber der Industrie vernachlässigt, unterfinanziert und der Rückständigkeit preisgegeben, wenn man sie mit Westeuropäischen Verhältnissen vergleicht. Des weiteren fand eine weitverbreitete Verschlechterung der Umweltsituation statt, sowohl im Bereich der Landwirtschaft als auch in anderen Sektoren, z.B. in Form von Bodenerosionen, Bodenverdichtungen, Wasserverschmutzung durch Chemikalien, andere Emissionen. Die überdosierung von Herbiziden und Pestiziden führte zu Rückständen in Nahrungsmitteln, häufig über den Werten, die man im Westen tolerieren würde.
  2. Finanzielle Auswirkungen In ganz Europa brachten die Unterstützungsleistungen für die Landwirtschaft die Staatsfinanzen der Regierungen in Schwierigkeiten. Viele Produkte gab es im überfluß, was wiederum zusätzliche Kosten für die Lagerhaltung oder die ebenfalls subventionierte Vernichtung verursachte. Deshalb stiegen die Kosten der GAP von 4,5 Mrd. ECU in 1975 auf 11,3 Mrd. in 1980 und auf 31,5 Mrd. in 1991. Trotz dieser Tatsache gab es eine merkliche Armut im landwirtschaftlichen Erwerbszweig, speziell bei den kleinen und abgelegenen Höfen. Die Einkommen in der Landwirtschaft variieren sehr stark, aber sie befinden sich immer im Schnitt zwischen 5 und 50% unterhalb der durchschnittlichen Industrielöhne.

Jüngste Ereignisse und die Notwendigkeit einer neuen Handlungsweise

  1. In den letzten 5 Jahren gab es große politische Veränderungen, die zusammengenommen radikal neue Voraussetzungen für Land- und Forstwirtschaft in Europa geschaffen haben. Lebensmittelüberschüsse Erstens wurden die politischen Richtlinien in Westeuropa geändert, um mit den Lebensmittelüberschüssen fertig zu werden.

    Der Erfolg der Bemühungen, Ertragssteigerungen zu erreichen, wurde in den 80er Jahren sichtbar. Die Europäische Gemeinschaft wurde zum Selbstversorger bei Milch, Rindfleisch, Schaffleisch, Getreide, Wein und einigen anderen Produkten. Die überschüsse hatten eine erdrückende Wirkung auf das GAP-Budget, vor allem durch die Verpflichtung, Erzeugerpreise zu garantieren sowie durch die Lagerhaltungskosten und durch die Vernichtung der überschußproduktion.
    änderung der Politik . Es wurde deutlich, daß die "Botschaft" der Regierungen an die Bauern schleunigst und radikal geändert werden mußte. Dies wurde zuallererst sichtbar in den Milchquoten, in der Mitverantwortung bei den Steuern und durch andere Maßnahmen, um insgesamt die Unterstützungen zu reduzieren. Schließlich mündeten die Maßnahmen in die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in 1992. Diese Reform, die durch die Verhandlungen Uruguay-Runde (GATT) angetrieben wurde, brachte ein Ende der Abschottung des Binnenmarktes mit sich, indem die Exportsubventionen gekürzt und die Erzeugerpreise auf das Weltmarktniveau abgesenkt wurden. Die Ertragsmengen sollten außerdem durch das Entkoppeln von Hilfsleistungen von der Produktion vermindert werden. Man war sich allerdings im klaren darüber, daß abrupte Preisstürze ohne Ausgleichszahlungen die Position der hiesigen Bauern unhaltbar machen und damit auch die Ernährungssicherheit gefährdet würde. Aus diesem Grunde wurde ein System von Ausgleichszahlungen zur selben Zeit eingeführt, wie die Senkung der Erzeugerpreise. Außerdem wurde ein Flächenstillegungsprogramm aufgelegt. Daneben wurden andere begleitende Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise die Hilfen zum vorzeitigen Ruhestand älterer Bauern oder die Kompensationszahlungen für Umweltschutzmaßnahmen sowie forstwirtschaftliche Programme, auf die wir weiter unten noch zurückkommen werden. Die Europäische Union ;. Zweitens war die Europäische Union radikalen Strukturveränderungen unterworfen, die den Bereich der Land- und Forstwirtschaft berühren. Diese Veränderungen beinhalten:
    • die Schaffung des gemeinsamen Binnenmarktes, was zum einem neuen wirtschaftlichen Klima geführt hat, in dem Erzeuger und Weiterverarbeiter von land- und forstwirtschaftlichen Produkten sich zurechtfinden müssen. Hierbei besteht ein Trend zu größeren und effizienteren Produzenten und multinationalen Weiterverarbeitungsfirmen. die Veränderungen der EU und die Bestimmungen des Maastrichter Vertrages mit einer gestiegenen Verpflichtung zum Schutz der Umwelt. eine verstärkte Konzentration der Hauptausgaben der EU auf "Kohäsion" oder Harmonisierung der Einkommenniveaus überall in der Gemeinschaft und aus diesem Grunde auch auf Programme, die ihren Schwerpunkt auf die relativ benachteiligten Gebiete legen. Als Beispiele wären das Integrierte Mittelmeerraum-Programm, die gemeinschaftlichen Unterstützungs-Rahmenwerke und das LEADER II Programm zu nennen.
    • die Vergrößerung der Union. Drei ehemalige EFTA-Staaten sind der Union bereits beigetreten. Diese Länder sind reicher als der Durchschnitt der Union und sind Nettoimporteure der meisten Lebensmittelprodukte. Mehrere Länder Osteuropas stehen ebenfalls bereit, der Union beizutreten, was ungefähr zur Jahrtausendwende stattfinden könnte. Der Gegensatz zwischen ihrer Landwirtschaft und die der EU wird Diskussionspunkt der nächsten Jahre sein.
    Die GATT-übereinkunft Drittens setzt die GATT-übereinkunft von 1993 Begrenzungen der Regierungshilfen für die Landwirtschaft der EU fest. Sie verlangt sowohl Kürzungen beim Umfang der Exportsubventionen als auch bei den Subventionsraten. Außerdem werden Forderungen zu einem begrenzten Importschutz und einem verbesserten Marktzugang festgeschrieben. Für die EU treffen sich diese Forderungen mit den bereits in der GAP-Reform beschlossenen Maßnahmen, beinhalten jedoch noch größere Anspannungen in einer Art und Weise, die für viele Bauern kritisch sind.

    Insgesamt machen die GATT-Regeln die Anstrengungen, eine neue Grundlage für eine lebensfähige Landwirtschaft aufzubauen, um einiges schwerer.
    Ländliche Gemeinden Viertens ist es ein stärkeres öffentliches und politisches Bewußtsein über das Wohl ländlicher Gebiete und Gemeinden entstanden. Dieses Bewußtsein kommt auch in der Kampagne des Europarates für den ländlichen Raum von 1987-1988, in der EU Publikation "Die Zukunft der ländlichen Gesellschaft" von 1988 und in der nachfolgenden Entwicklung des LEADER-Programms durch die EG sowie in eine Reihe anderer Maßnahmen, um den Bedürfnissen ländlicher Regionen entgegenzukommen, zum Ausdruck. Umwelt. Fünftens gibt es ein schnell wachsendes öffentliches Interesse am Wohlergehen ländlicher Gebiete und allgemein für die Umwelt. Auf der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 verpflichteten sich viele europäische Regierungen dazu, nationale Programme für eine nachhaltige Entwicklung, für biologische Vielfältigkeit (Biodiversität) und für eine nachhaltige Forstwirtschaft aufzustellen. Das Bewußtsein darüber, daß viele Umweltbelastungen, wie die Luftverschmutzung oder die Verschmutzung großer Flüsse, nationale Grenzen überschreitet, ist im Wachsen begriffen. Dies alles verdeutlicht, warum es auch im Fünften Umwelt-Programm der EU eine solch starke Betonung der Nachhaltigkeit gibt. Die EU und andere internationale Institutionen gewähren nun auch Hilfen für die Beseitigung von Umweltverschmutzungen in Osteuropa. Osteuropa. Sechstens hat der Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs und der sowjetischen Vorherrschaft zu einem Einbruch in den ehemaligen Befehlswirtschaften geführt, die vorher eine sichere Ausgangslage für Land- und Forstwirtschaft in Osteuropa darstellten. Die betroffenen Länder haben nun keine geschützten Systeme und gesicherten Absatzmärkte, die ihre staatlichen und kollektiven Betriebe stützen. Daraus ergibt sich ein einschneidender Preisanstieg für Grundnahrungsmittel, da die Subventionen hierfür reduziert wurden, des weiteren ein Kostenanstieg bei den Betriebsmitteln und eine direkte Konfrontation mit dem internationalen Wettbewerb sowie ansteigende Zinssätze auf der einen und ein erschwerter Zugang zu Krediten für die Bauern auf der anderen Seite. Gleichzeitig wird der Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Herbiziden stark herabgesetzt, wodurch die Ernteerträge rückläufig sind, die Umwelt allerdings entlastet wird.

    Die Hoferträge sind daher insgesamt drastisch gesunken, was die Landwirte dazu zwingt, sich neue Absatzmärkte zu erschließen.
  2. Eigentumsverhältnisse In einigen osteuropäischen Ländern beinhaltet der Prozeß der Privatisierung eine Rückübertragung (teilweise und häufig auf ungeklärter Rechtsbasis) von Eigentum und die Errichtung früherer Besitzstrukturen, was zu einer Störung land- und forstlicher Betriebsweisen führte. Die Aufteilung einiger staatlicher und kollektiver landwirtschaftlicher Betriebe, die zu einer Trennung landwirtschaftlicher und nicht-landwirtschaftlicher Tätigkeiten sowie zu einer Aufteilung der Anbaufläche führte, hat einerseits die Produktivität herabgesetzt, andererseits aber auch neue Möglichkeiten erschlossen. Zur Zeit herrscht immer noch große Unsicherheit in der Landwirtschaftsszene dieser Länder vor, speziell, was die Besitzrechte angeht. Diese Unsicherheit hemmt nationale Investitionen genauso wie mögliche Investitionen von außerhalb. Die strukturellen Probleme werden wahrscheinlich noch einige Jahre andauern.
    Die langfristigen Produktionsmöglichkeiten sind jedoch sehr groß, vor allem auf den ertragreichen Böden, wie beispielsweise der fruchtbaren pannonischen Ebene. Der Zugang dieser Länder zu den Exportmärkten ist stark von den Gegensätzen zwischen den verschiedenen Betriebssystemen, denen der EU aber auch von der Situation auf dem Weltmarkt abhängig.
Prinzipien einer neuen Herangehensweise
  1. Die bereits beschriebenen großen Veränderungen erfordern aber ermöglichen zugleich eine vollständig neue Sichtweise von Land- und Forstwirtschaft in Europa. ECOVAST ist der Ansicht, daß diese neue Herangehensweise auf fünf klar umrissenen Prinzipien ruhen sollte: Nachhaltigkeit, Vielfältigkeit, ländliche Wirtschaft, Integration, Partnerschaft und Beteiligung. Nachhaltigkeit. Land- und Forstwirtschaftspolitik muß die Prinzipien der Nachhaltigkeit berücksichtigen, die 1992 auf der Weltkonferenz in Rio vereinbart wurden. Die Umsetzung dieser Prinzipien in der Land- und Forstwirtschaft wird in drei Hauptdokumenten von Rio beschrieben, in der Agenda 21, in der Konvention über die biologische Vielfalt und in der Walderklärung, sowie im 5. Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung". Auszüge dieser Dokumente bezüglich Land- und Forstwirtschaft finden sich im Anhang I dieses Papiers. Würde man die Prinzipien von Rio als Maßstab anlegen, würde sich zeigen, daß der größte Teil der europäischen Landwirtschaft noch weit von vollständiger Nachhaltigkeit entfernt ist. So werden gegenwärtig im großen Umfang fossile Brennstoffe sowie andere Betriebsmittel eingesetzt, die im Verdacht stehen, Belastungen und Vergiftungen zu verursachen. Nach wie vor findet die Zerstörung des kulturellen Erbes und der biologischen Vielfalt statt, werden Boden, Wasser und Energie verschwendet und die soziale und wirtschaftliche Verfassung in einen zerbrechlichen oder noch schlimmeren Zustand versetzt.

    In bedeutsamen Regionen, speziell in Südeuropa muß eine ähnliche Kritik in Hinsicht auf die Forstwirtschaft ausgesprochen werden. Wir verstehen es als unsere Aufgabe - siehe die nun folgende Stellungnahme - aufzuzeigen, wie sich Europa in Richtung einer umfassenden Nachhaltigkeit in Land- und Forstwirtschaft bewegen läßt.
    Diversität Europa hat eine erstaunliche Vielzahl von Landformationen, Klimas und natürlichen Lebensräumen - vom Meeresgestade bis zu den höchsten Bergen, von pflanzlichen Inselvorkommen bis zu solchen mit kontinentaler Verbreitung, mediterranem bis arktischem Klima, von reichen Schwemmlandebenen bis hin zu unfruchtbarer Wildnis. Innerhalb dieser natürlichen Gegebenheiten und auch darüber hinaus haben sich die Menschen in tausenden von Jahren bewegt und schließlich niedergelassen, den Boden bebaut und Siedlungen gegründet. Aus diesem Zusammenspiel haben sich lokale Gesellschaften und lokale Kulturen ergeben, mit jeweils bestimmten Formen von Land- und Forstwirtschaft, die genauso reichhaltig sind, wie die Natur selbst. Die große Vielfalt der Natur und der menschlichen Kultur bereichert die Lebensqualität aller Europäer und beinhaltet an jedem Ort die Grundlage für das fortdauernde Wohlergehen örtlicher Gemeinden.

    Wir denken, daß jedwede Politik, die die ländlichen Gebiete berührt, dieser Vielfalt berücksichtigen sollte bzw. tatsächlich versuchen sollte, diese zu unterstützen und zu bereichern. Dieses Prinzip sollte nachdrücklich in der Land- und Forstwirtschaftspolitik umgesetzt werden. Das beinhaltet natürlich eine große Herausforderung an nationale und europäische Entscheidungsträger, zu einer Zeit, in der diese Erwerbszweige mächtig durch den Weltmarkt und die europäische Wirtschaft beeinflußt werden. In der folgenden Stellungnahme zeigen wir, wie die Politik angepaßt werden könnte, um die Vielfältigkeit der Länder, Regionen und Orte überall in Europa zu berücksichtigen.
    Ländliche Wirtschaft . Landwirtschaft und Forstwirtschaft haben traditionell das ökonomische Rückrat der ländlichen Gebiete in ganz Europa gebildet. Einkommen und Beschäftigung entstanden sowohl auf den Bauernhöfen als auch im Wald sowie in den Gewerbezweigen, die als Zulieferer oder als Weiterverarbeiter dienten. Die Industrialisierung der Landwirtschaft in diesem Jahrhundert hat, aufgrund der Verringerung der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe sowie der Verlagerung der versorgenden und weiterverarbeitenden Betriebe in die Städte, zu einer drastischen Reduzierung der Beschäftigungsmöglichkeiten geführt. Trotzdem spielen Land- und Forstwirtschaft innerhalb der Wirtschaft eine wichtige Rolle. Wir glauben, diese Rolle kann und sollte durch die in diesem Papier aufgeführten Maßnahmen gestärkt werden. Integration. In unserer Strategie für den ländlichen Raum in Europa rufen wir die Regierungen und alle anderen, die mit ländlichen Angelegenheiten zu tun haben, dazu auf, in einer ganzheitlichen Sichtweise zu denken. Diese Sichtweise umfaßt die Menschen genauso, wie die Wirtschaft und die Umwelt. Eine weitgefaßte integrierte Handlungsweise dieser Art ist lebenswichtig, wenn es um die Land- und Forstwirtschaft geht, denn diese beiden Erwerbszweige berühren nicht nur das Leben einiger Millionen Europäer und die Wirtschaft großer Regionen sondern auch die Landschaft und die entsprechenden Lebensräume in ganz Europa. Unsere politische Linie, im weiteren Verlauf dargestellt, handelt von dieser neuen Handlungsweise. Partnerschaft und Beteiligung. Das Wohlbefinden ländlicher Gemeinden und des ländlichen Lebens wird durch viele beteiligte Akteure beeinflußt, wie die Regierung, die Wirtschaft, Privatleute und ehrenamtliche Organisationen auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene. Schwerer Schaden am Wohlergehen des ländlichen Raumes ist in vielen Regionen dadurch entstanden, daß ein Konsens zwischen diesen Akteuren über die Ziele der Politik und die dazugehörenden Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft oder für die ländliche Entwicklung im allgemeinen weder gefunden bzw. noch nicht einmal gesucht worden ist.
  2. Besonders schwerwiegend war das Versäumnis einiger Regierungen, die Menschen, welche in ländlichen Gebieten wohnen, zu befragen und miteinzubeziehen. Einheimische haben häufig ein viel besseres Verständnis dafür, was angemessen und nachhaltig für ein Gebiet ist, als die Regierungen. Ferner ist es ja die Zukunft dieser Menschen, über die entschieden wird, wenn Veränderungen zu treffen sind. In Anbetracht der Bedeutung für das Handeln legen wir einen Schwerpunkt auf die Sichtweise und Wünsche, die Ressourcen und die Kraft der einheimischen Bevölkerung jeden Ortes. Die Herausforderung besteht nun darin, ihre Ansichten und Ressourcen mit denen der Entscheidungsträger aller Ebenen zu verbinden.

Unser Ziel ist es, Rahmenbedingungen für unsere Bauern und ihre Familien sowie für die Bevölkerung der ländlichen Gebiete insgesamt zu schaffen, in denen sie leben und im Vollerwerb arbeiten sowie einen angemessenen Lebensstandard erreichen können. Wir möchten, daß sich das Land entwickelt und teilhat an der ökonomischen und sozialen Entwicklung wo immer dieses möglich ist in Europa. Ohne eine Landwirtschaft, die ihre Funktionen nicht in das Interesse der gesamten Gesellschaft setzt, wird es keinen ländlichen Raum geben...

"Wollen wir einen Landwirtschaft in Europa, die sich immer stärker in einigen zentralen Standorten konzentriert, mit all den Nachteilen, welche darin enthalten sind? Verkehrsproblemen, Wohnungsnot, Umweltverschmutzung und soziale Spannungen in diesen Zentren, Abwanderung und Verwüstung in den abgelegenen Regionen, ist es das, was wir möchten?

Nein, natürlich nicht. Mit einer Bevölkerungsdichte, wie wir sie in Europa haben, können wir uns solches nicht leisten. Aus diesem Grunde brauchen wir eine räumliche Entwicklungspolitik für den ländlichen Raum, die eine Nutzung all seiner Vorteile sicherstellt, außerdem weitere Verbesserungen bringt und die die Voraussetzungen zur Schaffung neuer Berufe und Einkommensquellen enthält.

Eine Entwicklungsstrategie dieses Typs hat über die Landwirtschaft weit hinauszugehen und alle Sektoren im ländlichen Raum zu umfassen: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Handwerk, Handel, gewerbliche und private Dienstleistungen. Sie muß auf jede Region zugeschnitten werden. Es gibt dabei keine einfachen Antworten, die für alle Gültigkeit haben. Die regionale Verschiedenheit Europas ist dafür einfach zu groß.

"Wenn wir in der Gemeinschaft möchten, daß die Landwirtschaft eine gleichwertige Rolle in der allgemein erwarteten positiven Entwicklung des Weltmarktes spielen soll, dann sind allmähliche Verbesserungen in unserer Wettbewerbsfähigkeit entscheidende Herausforderung für die Zukunft. Wettbewerbsfähigkeit hat viele Aspekte, wie Produktqualität und Produktdiversifizierung, Wertschöpfung als ein Ergebnis der Weiterverarbeitung, spezielle produktabhängige Dienstleistungen und der Preis der Produkte...

"Aufgrund dieser Vielfältigkeit haben die meisten Regionen in Europa eine Trumpfkarte für die Zukunft. Ich meine hierbei ihre natürlichen Ressourcen und die Kulturlandschaft, die sich vielfach über einen Zeitraum von Jahrhunderten entwickelt hat. Die Pflege und Fürsorge für diese Landschaft, der Schutz der natürlichen Umwelt und die laufende Verwaltung der Ressourcen sind für die gesamte Gesellschaft wichtige Aufgaben. Es ist daher nicht unbegründet, daß im Vertrag von Maastricht die Berücksichtigung des Schutzes der Umwelt Priorität für alle Maßnahmen der Gemeinschaft genießt und der Landwirtschaft mit ihren starken räumlichen Bezügen in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion im guten wie im schlechten zukommt.

Was ist offensichtlicher als eine weitere Aufwertung der Rolle, die durch die Bauern in Verbindung mit dem Umweltschutz wahrgenommen werden könnte bzw. sollte, nämlich die Fürsorge für unsere Kulturlandschaft und die natürlichen Ressourcen. Die ersten wichtigen Schritte in diese Richtung sind bereits unternommen worden. Wir sind aber erst am Anfang einer schwierigen Reise. Unser Endziel muß in einer umfassenden Planung für die Landwirtschaft und die ländlichen Gebiete liegen und dieser Plan muß klar und für jedermann verständlich sein.

Auszüge aus Reden von Franz Fischler, Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Oktober 1995


Praktischer Handlungsrahmen für die Zukunft

    Wir werden nun diese Prinzipien anhand praktischer Handlungsweisen für die Zukunft in bezug auf die Land- und Forstwirtschaft in Europa erläutern. Hierzu geben wir sechs wesentliche Stichpunkte:
    • Integrierte ländliche Entwicklung als wesentlicher Sinnzusammenhang Nachhaltige Landwirtschaft Landwirtschaft auf allen Standorten Nahrungsmittelqualität Nachhaltige und vielseitige Forstwirtschaft
    • Zusätzliche Wertschöpfung bei land- und forstwirtschaftlichen Produkten

Integrierte ländliche Entwicklung als wesentlichster Sinnzusammenhang

  1. Das Wohlbefinden In vielen Teilen Europas stellen Land- und Forstwirtschaft den Eckpfeiler der ländlichen Wirtschaft dar. Landwirte, Waldbesitzer und -arbeiter sowie deren Familien repräsentieren einen wesentlichen Anteil der ländlichen Bevölkerung. Deshalb ist das zukünftige Wohlbefinden all jener Menschen in diesen Regionen stark vom Reichtum der Bauernhöfe und der Wälder abhängig. Aber umgekehrt ist es ebenso richtig, daß diejenigen, die in der Land- und Forstwirtschaft eine Beschäftigung haben, ihrerseits wiederum abhängig sind vom Wohlergehen der um sie herum befindlichen Gesellschaft.

    Landwirte und Waldarbeiter benötigen die gleichen allgemeinen Dienstleistungen, wie Schulen, Postämter, Banken, Kliniken, Wasserversorgung, Straßen usw., wie andere Einwohner auch. Sie sind abhängig von anderen Unternehmen, wie Landmaschinen- und Futtermittelhändlern, Tierärzten, sowie den Unternehmen, die ihre Produkte kaufen, wie Molkereien, Weinhandlungen oder Sägemühlen. Sie selbst oder ihre Familien könnten gezwungen sein, ihre Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft durch Berufe in anderen Wirtschaftszweigen zu ergänzen.
    Integrierte ländliche Entwicklung Aus diesen Gründen muß die Land- und Forstwirtschaftspolitik sich innerhalb des Rahmens einer integrierten ländlichen Entwicklung bewegen, die sich auf ein harmonisches Wachstum verschiedener wirtschaftlicher Tätigkeiten gründet, von denen keine die andere dominieren soll. Das ist besonders in den Regionen von großer Wichtigkeit, in denen entweder die Landwirtschaft oder die ländliche Wirtschaft sehr schwach ist, wie z.B. in großen Teilen der EU, die als 1 oder als 5b Zielgebiete ausgewiesen sind sowie in Osteuropa. In diesen Gebieten könnte das Wohlergehen derer, die in Land- und Forstwirtschaft beschäftigt sind von einer Vervielfältigung der Einnahmequellen im Rahmen der ländlichen Wirtschaft abhängen. Umgekehrt kann wiederum das Wohlergehen derer, die außerhalb der Land- und Forstwirtschaft tätig sind durch Ressourcen, die sich in Händen von Bauern und Waldbesitzern befinden, gefördert werden. Diversifizierung der Einkommen von Bauern, Waldbesitzern und -arbeitern Auf ertragreichen Böden in Europa, oder auf großen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sollen die derzeitig Tätigen auch weiterhin in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt durch die Land- und Forstwirtschaft zu verdienen, auch ohne zusätzlich wertschöpfenden Tätigkeiten nachgehen zu müssen. Aber viele Millionen kleiner Bauern und Menschen in abgelegenen Regionen können dies nicht mehr bewerkstelligen. Sie sollten andererseits nicht eine gänzliche Unterstützung von seiten des Staates erwarten. Viele werden wahrscheinlich noch abwandern. Aber viele werden auch versuchen - und sollten hierin unterstützt werden - ihre Einkommensquellen zu diversifizieren. Einige werden dies auf ihren Höfen und mit ihren Wäldern erreichen, beispielsweise durch Erzeugung hochwertiger Feldfrüchte und der Viehzucht oder indem sie ihre eigenen Erzeugnisse weiterverarbeiten und somit eine zusätzliche Wertschöpfung erreichen oder indem sie Feriengäste auf ihren Höfen aufnehmen.
  2. Arbeit außerhalb der Bauernhöfe Andere müssen außerhalb des Bauernhofs und des Waldes nach zusätzlichen Einkommensquellen Ausschau halten. In einigen Gebieten erzielen Familien bereits ihre Einkommen durch zeitweise landwirtschaftliche Tätigkeiten, gelegentliche Fischerei, durch Arbeiten in Steinbrüchen, Saisonarbeiten in Fabriken oder Halbtagsarbeit in Geschäften und anderen Dienstleistungsfirmen. Solcherlei Einkommensquellen sind abhängig von einer gesunden lokalen Wirtschaft und von der Kooperationsbereitschaft zwischen Landwirten, Waldbesitzern und anderen. Beispielsweise ist ein Bauer, der zusätzliche Wertschöpfung durch die Käseherstellung oder die Produktion von patŽ de foie gras, abhängig von einem Geschäft oder Restaurant in seiner Nähe, das ihm als Abnehmer seiner Produkte dient.

In Polen haben mehr als einen Million Bauernhöfe eine Größe unter 4 Hektaren, wovon zusätzlich viele in kleine Feldstreifen aufgeteilt sind. Während der kommunistischen Periode haben die Eigentümer dieser Höfe ihr Haupteinkommen durch die Arbeit in Fabriken oder durch andere Tätigkeiten in den Städten erzielt, während ihre Familien den Hof weiterbewirtschafteten und damit zusätzlich Einkommen hereinbrachten. Nun sind, bei steigender Arbeitslosigkeit, viele ohne Beschäftigung. Von ihrem Hof können sie kein ausreichendes Einkommen erzielen. Aus diesem Grund suchen viele nach neuen Einnahmequellen auf dem Lande. Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft hat damit eine vordringliche Priorität bekommen.


  1. Unterstützende Maßnahmen In den Regionen, wo Landwirte ihren vollen Lebensunterhalt nicht mit der Land- und Forstwirtschaft allein bestreiten können, sollten sie dahingehend unterstützt werden, ihre Einkommensquellen dergestalt zu vervielfältigen, daß sie mit ihren Tätigkeiten in Hof und Wald in Einklang gebracht werden können. Unterstützende Maßnahmen sollten so flexibel sein, daß neue Unternehmungen auf oder außerhalb der Höfe gegründet werden können. Sie sollten zudem die Kooperation mit anderen Beteiligten innerhalb und außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Erwerbszweiges, wo immer das möglich erscheint, fördern.

In den Alpentälern österreichs haben viele Bauern die zur Verfügung gestellten Vorteile genutzt, indem sie Finanzhilfen der Regierung zur Schaffung zusätzlicher Touristenunterkünfte auf den Höfen in Anspruch nahmen. Jetzt erzielen sie Einkommen aus drei Quellen, im bescheidenen Umfang aus der Viehwirtschaft, durch Lohnarbeit in kommunalen und privaten Wäldern und durch den Tourismus auf dem Bauernhof.


  1. Auf ähnliche Weise dürften die Menschen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, die neue Unternehmungen gründen wollen, vom Gebrauch von Ressourcen abhängig sein, die sich in Händen von Bauern und Waldbesitzern befinden. Als Beispiel seien hier Produkte vom Bauernhof und aus dem Wald sowie der Grund und Boden selbst genannt. Viele ländliche Gemeinden möchten z.B. Einkommen aus dem Tourismus beziehen. Um dies zu erreichen, dürften Freilandangebote, wie Angeln, Jagen, Reiten, Vogelexkursionen usw. notwendig sein, was jedoch abhängig ist von den Nutzungsmöglichkeiten land- und forstwirtschaftlicher Flächen.
  2. Wir befürworten daher sehr stark eine Handlungsweise, welche die Land- und Forstwirtschaftspolitik in den Zusammenhang mit einer integrierten ländlichen Politik bringt, vor allem in den Gebieten, wo die Wirtschaftskraft von Land- und Forstwirtschaft auf schwachen Füßen steht. Politik für die Land- und Forstwirtschaft sollte daher nicht isoliert von der Politik für ländliche Entwicklung betrieben werden. Umgekehrt sollten politische Programme für die ländliche Entwicklung auch die Land- und Forstwirtschaft umfassen. Landwirte und Waldbesitzer sollten in der Lage sein, gleichberechtigt mit anderen in den örtlichen Gemeinden an der Formulierung und Durchführung von ländlichen Entwicklungsprogrammen teilzuhaben.

Nachhaltige Landwirtschaft

"Ein Bauer sollte so leben als würde er morgen sterben aber er sollte sein Land so bebauen als würde er für ewig leben" (Sprichwort aus East Anglia, England)

    Fürsorge und Stolz. Die Landschaft, die wir überall in Europa kennen und lieben, mit ihrem Reichtum an Menschenhand geschaffenen Landschaften, ist größtenteils durch die Landwirtschaft hervorgebracht worden. Landwirte haben den Urwald gerodet, die Sümpfe trockengelegt, Gebäude und andere Dinge erschaffen, alles zu dem Zweck, Nahrungsmittel zu erzeugen und für den sonstigen Lebensunterhalt zu sorgen. Die Fürsorge und der Stolz vieler Generationen von Bauern zeigen sich in der jeweiligen Ausprägung ihrer Umwelt, besonders aber in den Regionen, wo sie zuversichtlich erwarten konnten, daß ihre Söhne und Töchter diesen Besitz erben würden. An solchen Orten agierten die Bauern instinktiv als pflegliche Verwalter des Landes und achteten auf die langfristige Gesunderhaltung des Bodens zum Nutzen ihrer Kinder.
  1. Bodenzerstörung. Seit dem 2. Weltkrieg hat jedoch eine Intensivierung der Nahrungsmittelproduktion - wie bereits weiter ober beschrieben - viele Bauern dazu veranlaßt, speziell auf den ertragreichen Böden, in einer Art und Weise zu wirtschaften, daß der Boden geschädigt wird. Dünne und sandige Böden wurden gepflügt und damit der Wind- und Wassererosion preisgegeben. Feuchtgrünland, welches vorher durch saisonale überflutung gedüngt wurde, hat man trockengelegt und in Ackerland verwandelt. Eine Myriade reichhaltiger Landschaftselemente, wie Teiche, Bäume, Gehölze, Hecken, Obstgärten, Feldscheunen, Trockensteinmauern, Mulden usw. wurde zerstört, womit die Einzigartigkeit und Qualität des Ortes sowie die Reichhaltigkeit der Tierwelt und das kulturelle Erbe mitvernichtet wurde..
  2. Abhängigkeit von betriebsfremden Mitteln . Des weiteren haben sich die Landwirte stärker spezialisiert, wobei sie ihre Fähigkeit das Land mit betriebseigenen Mitteln, wie Stallmist etc., fruchtbar zu halten, immer weiter einbüßten. Sie sind mittlerweile von betriebsfremden Mitteln, wie Kunstdüngern, Pestiziden und Herbiziden abhängig geworden. Diese Stoffe werden niemals vollständig von den Pflanzen oder dem Vieh aufgenommen und daher teilweise an die Umwelt abgegeben, wo sie Verschmutzungen und Vergiftungen hervorrufen. Ferner hat ein zunehmender Ersatz von Handarbeit durch Maschinen, den Verbrauch fossiler Energien und anderer Betriebsmittel gesteigert aber die benötigte Anzahl an Arbeitskräften drastisch reduziert. Dieses passiert in einigen Teilen Westeuropas sogar dort, wo viele Bauern noch davon ausgehen, ihre Kinder würden das Land eines Tages erben. Genau dasselbe ist aber auch auf den staatlichen und kollektiven Betrieben Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion zu finden, wo weder die Betriebsleiter noch die Arbeiter Gründe dafür hatten, pflegsam mit dem Land umzugehen.
  3. Sorge um die Nachhaltigkeit Die genannten Entwicklungen erklären, warum es ernste Sorgen um die Nachhaltigkeit der gegenwärtigen Landwirtschaftspolitik gibt, was in der Agenda 21, der Konvention über die biologische Vielfalt und dem EU Dokument "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" zum Ausdruck kommt - siehe Anhang I. Diese Stellungnahmen rufen zu einer Veränderung der Politik auf, um den geäußerten Sorgen zu begegnen.
  4. ECOVAST glaubt, daß die Zeit gekommen ist, die politischen Richtlinien hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft zu verändern. Wir meinen damit jede Form der Nahrungsmittel- und Faserproduktion, die zum Ziel hat:
    • natürliche Prozesse zu nutzen, wie z.B. den Nährstoffkreislauf auf dem Bauernhof,
    • die betriebsfremden Hilfsmittel zu reduzieren, welche hauptsächlich zu Belastungen führen,
    • einen guten Nutzen aus dem biologischen und genetischen Potentials der Nutzpflanzen und Nutztierrassen zu ziehen,
    • das Verhältnis zwischen Pflanzenbau und Tierhaltung und die Bodenfruchtbarkeit
    • zur Entwicklung und Wiederherstellung eines reichen kulturellen Erbes und der biologischen Vielfalt wildlebender Arten beizutragen,
    • die natürlichen Möglichkeiten der Bodenbewahrung, der Wasser-, Energie- und biologischen Ressourceneinsparung auszuschöpfen.
  1. Die Inangriffnahme dieser Ziele wird stark zwischen den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Betriebssystemen variieren. Wir denken dennoch, daß diese Prinzipien allgemeingültig sind, d.h. sowohl auf die große Palette der reichen Ackerböden als auch auf die abgelegenen Standorte, welche von der Aufgabe bedroht sind, zutreffen.

  2. Eine lebendige Alternative Nachhaltige Landwirtschaft sollte deshalb nicht als eine Form der Rückkehr zu einem wenig technisierten oder archaischen System angesehen werden. Es umfaßt aber beschränkt sich nicht auf den biologischen Anbau, ist aber eine wirtschaftliche und umweltgerechte Alternative zu der konventionellen Agrarwirtschaft. Sie kann durchaus einen vorsichtigen Gebrauch von moderner Ausrüstung und Technologie, zertifiziertem Saatgut, komplexen Fruchtfolgen, Pflanzenschutzmitteln, Antibiotika und Düngemitteln machen. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise verlangt einen integrierten Einsatz von Boden und Wassermanagement-Praktiken, Nährstoffen, Krankheitskontrolle und ähnlichem. An Stelle externer Ressourcen dürfte es einen größeren Bedarf an Informationen und an Handarbeit geben, als es z.Zt. in der konventionellen Landwirtschaft üblich ist.
  3. Finanzielle Ergebnisse Sowohl nachhaltige als auch biologische Landwirtschaft tendieren dazu, geringere Ernten zu erzielen, als die konventionelle Landwirtschaft. Praktische Beispiele in verschiedenen europäischen Ländern zeigen jedoch, daß die variablen Kosten ebenfalls nennenswert geringer ausfallen und die Nettoeinkünfte in der Regel höher sind als bei der konventionellen Landwirtschaft.

Eine dreijährige Studie von 57 biologischen und 72 konventionellen Bauernhöfen in der Schweiz zeigt, daß die biologischen Höfe 27% weniger Nahrungsmittel erzeugen, aber auch nur 22% an Betriebsmitteln, wie Kunstdünger und Pflanzenschutz benötigen und nur 47 % der variablen Kosten haben, dafür aber 83% bzw. - beim Aufschlag der Prämien für den biologischen Anbau - 112 % an Nettoeinkünften haben als die im Vergleich betrachteten konventionellen Betriebe (Mühlebach und Näf, Lampkin N. (ed) 1942. Gesammelte Papiere des Biologischen Landbaus. Universität von Wales, Aberystwyth).


  1. Positive Anreize . Wir sind der überzeugung, daß eine nachhaltige Herangehensweise an die Landwirtschaft, positive Anreize durch die Regierungen überall in Europa benötigt. Solche Anreize könnten beinhalten:
    • Forschung und Beratung in nachhaltigen Betriebspraktiken
    • Finanzielle Anreize für eine verbesserte Betriebsführung
    • Restriktionen für potentiell belastende Wirtschaftsweisen
    • Andere fiskalische, finanzielle, regulative und administrative Maßnahmen
    • Unterstützung für kooperatives Handeln von landwirtschaftlichen Initiativgruppen zur Umsetzung nachhaltiger Betriebsweisen
  2. Umweltprogramme. Nachhaltige Landwirtschaft sollte Maßnahmen enthalten, die die Landschaft, das kulturelle Erbe und die Biodiversität ländlicher Gebiete schützen und entwickeln. Die Regierungen sollten Pflegemaßnahmen in der Landschaft unterstützen, damit das Landschaftsbild und die charakteristischen Lebensräume in der Region erhalten, bereichert oder, wo möglich, zurückgewonnen werden. Dies ist das Ziel vieler Agrar-Umweltprogramme, die nun durch die EU mitfinanziert werden, um die Maßnahmen der GAP-Reform zu begleiten. Wir begrüßen diese begleitenden Maßnahmen und glauben, daß sie eher als Entlohnung für geleistete Dienstleistungen im öffentlichen Interesse angesehen werden sollten, denn als Kompensation für zu geringe Familieneinkünfte.

Das Land Baden-Württemberg startete 1992 das sog. MEKA-Programm, um "Ausgleichszahlungen für Markterleichterungen und die Pflege traditioneller Landschaften" an die Bauern zu leisten. Das Programm zielt besonders auf empfindliche Flächen, wie Wasserschutzgebiete, oder, wo dies speziell gewünscht wird, auf den Erhalt traditioneller Landschaftsformen ab.

In diesem Programm erhalten Bauern für Pflegemaßnahmen und bestimmte Betriebsweisen Punkte. Jeder Punkt ist 20 DM pro Hektar und Jahr wert. So ist beispielsweise ein Nutzungsverzicht - bzw. höchstens die Beweidung durch Schafe - 8 Punkte wert, der Unterhalt einer Streuobstwiese 4 Punkte. Punkte unterschiedlicher Positionen können, wo sie dasselbe Stück Land betreffen bis zu einer maximalen Höchstsumme von 550 DM/ha addiert werden.


  1. Handwerkliche Fertigkeiten Eine hochqualifizierte Pflege der Umwelt ist abhängig von der Entwicklung notwendiger Fertigkeiten. Dies kann durch formales Lernen, informelle Unterstützung und öffentlichkeitsarbeit sowie durch wohlüberlegte Schirmherrschaft der Behörden und private Interessenten für traditionelle Bauweisen und Landschaftspflegetechniken gewährleistet werden.

Der Verein für ländliches Handwerk in Devon, Südwest-England, wurde 1980 gegründet, um das öffentliche Interesse an Fertigkeiten in traditionellen Handwerken zu wecken und weiterzugeben. Solche Handwerke sind beispielsweise Heckenpflege ("Knicktechnik"), Trockenmauerbau, Plentertechnik, das Dachdecken mit Riet oder Stroh oder die Herstellung von Hürden. Der Verein organisiert Vorführungen und Trainingstage für Amateure, nebst Speziallehrgängen, Lehrstellen für professionelle Handwerker und Bauern. Der Verein unterhält außerdem ein Verzeichnis professioneller Handwerker und versetzt diese wiederum in die Lage, größere Aufträge zu erhalten, wie z.B. die Reparatur bzw. den Neubau etlicher Meilen von Trockenmauern auf einem staatlichen Besitz im Dartmoor Nationalpark.


Landwirtschaft auf allen Standorten

  1. "Umgekippte" Landwirtschaft Wir haben bereits den Prozeß beschrieben, durch den die landwirtschaftlichen Aktivitäten sich zunehmend auf ertragreichen und zugänglichen Standorten konzentrieren und abgelegenere Standorte, speziell in den mediterranen Ländern, aufgegeben werden.
  2. Wir glauben, daß dieses "Umkippen" der landwirtschaftlichen Kultur beide Enden des Spektrums schädigt. Intensivierung der Landwirtschaft am "reicheren" Ende hat zu Schäden an der Bodenstruktur, zu Wasserverschmutzung und zu einer Abnahme der Lebensräume für die Tierwelt sowie zu einer Verarmung des Landschaftsbildes geführt. Am "ärmeren" Ende trägt die Aufgabe der Höfe mit zum Zusammenbruch der Struktur ländlicher Gemeinden und zum Verfall der Kulturlandschaft sowie der durch sie geschaffenen Lebensräume, bei.
  3. Eine neue Handlungsweise Das Erreichen der Nahrungsmittelüberschüsse in der EG und das gestiegene öffentliche und politische Bewußtsein über die Umwelt und die ländliche Entwicklung befördern eine neue Sichtweise auf diesen Effekt des "Umkippens" der Landwirtschaft. Wir sind der Meinung, es sollte allgemeines Ziel sein, die Landwirtschaft in ihrer gesamten Ausprägung in den ländlichen Regionen Europas zu erhalten, gegebenenfalls mit Ausnahme derjenigen Flächen, die eher für die Forstwirtschaft oder auch als "Wildnis"-Gebiete geeigneter sind.
  4. Dieses Ziel paßt sehr gut in die Politik einer nachhaltigen Landwirtschaft, da man hiermit eine Reduzierung der Nahrungsmittelerzeugung (aber ebenso die fortdauernde Lebensfähigkeit) auf den ertragreichen Standorten erreicht. Dieses würde auch einen Anbau in Fruchtfolge bevorzugen, den wir auch heute noch auf vielen ärmeren und abgelegeneren Standorten vorfinden.

    Spezielle Maßnahmen werden dennoch nötig sein, um die Landwirtschaft am ärmeren Ende des Spektrums zu erhalten. Diese Maßnahmen dürften direkte Hilfen für die Bauern, wie Prämien für den Viehbestand in benachteiligten Gebieten der EU beinhalten. Oder es handelt sich um Programme für ländliche Entwicklung, die den bäuerlichen Familien dabei helfen, zusätzliche Wertsteigerungen ihrer Produkte zu erreichen und ihre Einkommen zu diversifizieren.

Nahrungsmittelqualität

  1. Die Lebensmittelknappheit während und nach dem 2. Weltkrieg beflügelte den Willen zu vermehrter Nahrungsmittelproduktion. Der politische Schwerpunkt lag dabei eindeutig in der Mengenerzeugung, bei gleichzeitigem Erhalt akzeptabler Verbraucherpreise. Seitdem es keine Lebensmittelknappheit mehr gibt und die Durchschnittseinkommen gestiegen sind, ist auch das Bewußtsein für die Qualität der Nahrungsmittel gestiegen. Dieses Bewußtsein findet auch seinen Ausdruck darin, daß die Standards für Hygiene, für Reinheit und Vollwertigkeit angehoben wurden. Außerdem gibt es bei den Konsumenten vor allem in Westeuropa eine wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln höchster Qualitätsansprüche.
  2. Veränderungen des Schwerpunktes Europa hat das Glück sich in einem Zeitalter von Lebensmittelüberschüssen zu befinden. Der landwirtschaftliche Erwerbszweig kann insgesamt gesehen sein Einkommen nun nicht mehr durch weitere Produktionssteigerungen erhöhen. Die Regierungen möchten die Unterstützungen der Betriebe von der Produktion abkoppeln. Diese Situation erlaubt es, eine deutliche aber wohlüberlegte Verschiebung weg von der Mengenerzeugung hin zur Nahrungsmittelqualität durchzuführen.
  3. Struktur des Erwerbszweiges Diese Verschiebung verlangt nach einer neuen Sichtweise auf die Struktur der Landwirtschaft und der weiterverarbeitenden Industrie sowie auf den Einzelhandel aber auch auf die Regelungen, die die Qualität der Nahrungsmittel betreffen.

    In Westeuropa hat sich in den letzten 40 Jahren die Lebensmittelproduktion auf relativ wenige große landwirtschaftliche Betriebe und nur auf ein Viertel der gesamten Anbaufläche konzentriert. (Beispielsweise kommen 30% aller in Deutschland produzierten Enten von einem einzigen Betrieb in Brandenburg). Auf den anderen ² der Anbaufläche ist die Produktion weniger intensiv und die Löhne sind geringer.
  4. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wurde von der Lebensmittelindustrie begleitet, die in zunehmender Weise von multinationalen Firmen bestimmt wird. Die Multis, Supermärkte und Einzelhandelsketten spielen eine einflußreiche Rolle auf dem Lebensmittelmarkt, setzen Qualitätsstandards und Preise fest und bestimmen häufig, was die großen landwirtschaftlichen Betriebe anbauen sollen. Ihrer Tätigkeit sind die Vorteile niedriger Preise und verläßlicher Qualität zu verdanken. Aber leider wurden dadurch auch die kleinen und geographisch abgelegenen Erzeuger sowie der Markt für nicht-standardisierte Produkte schwer in Mitleidenschaft gezogen.
  5. Unterstützende Maßnahmen Bis jetzt wurde der Trend in Richtung zentralisierter Nahrungsmittelproduktion durch ein System von staatlichen Unterstützungen gefördert, sowohl in West- als auch in Osteuropa. Ferner haben die Regierungen, aus Sorge um die Nahrungsmittelqualität und die Hygiene, teilweise rigorose und inflexible Standards geschaffen, welche seit ihrer Durchsetzung viele kleine Lebensmittelerzeuger und Weiterverarbeiter in den Ruin getrieben haben. Erst seit kurzem hat die EU auch formal die Bedeutung regionaler Produkte erkannt und das französische System der "Appelation d'origine protŽgŽe" gutgeheißen.
  6. Das andere Gesicht der europäischen Landwirtschaft ECOVAST wird die Vorteile oder die Gültigkeit großbetrieblicher Strukturen weder in Verruf bringen noch in Frage stellen. Aber wir sind der sehr starken überzeugung, daß ähnliche Vorteile und ähnliche Gültigkeiten auch für das andere Gesicht der europäischen Landwirtschaft gelten müssen. Damit sind die Millionen kleiner und geographisch abgelegener Höfe, die viele kleinen Unternehmen der Lebensmittelweiterverarbeitung und Vermarktung, sowie die Reichhaltigkeit der Feldfrüchte und Haustierrassen, der Nahrungsmittel und weiterverarbeiteten Lebensmittel gemeint, denen man in ganz Europa begegnet. Ziel sollte es sein, diesen "zweiten Weg" der europäischen Landwirtschaft in die Lage zu versetzen, neben den großen Unternehmensstrukturen zu bestehen bzw. diese zu ergänzen, wo immer dies angebracht erscheint.
  7. Verschiebung der Hilfsleistungen . Eine entsprechende Handlungsweise bedeutet eine Verschiebung der staatlichen Hilfsleistungen für die Landwirte, weg von der Mengenerzeugung hin zur Nahrungsmittelqualität, weg von der Konzentration auf große Haupterwerbsbetriebe hin zur Unterstützung kleinerer Unternehmen. Der politisch-administrative Bereich sollte den Wert kleinerer Unternehmen sowie die Vielfalt der Feldfrüchte, der Haustierrassen und der Nahrungsmittelprodukte anerkennen und bei der flexiblen Anwendung aller Unterstützungs- und Kontrollsysteme berücksichtigen.

Die italienische Landwirtschaft besteht aus über 3 Millionen Betrieben mit einer durchschnittlichen Größe von 4,9 Hektaren (landwirtschaftliche Erhebung von 1991). 96% davon sind Familienbetriebe. Diese Situation ist auch auf die nationale Landwirtschaftspolitik zurückzuführen, die die Familienbetriebe seit der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen fördert, indem sie Zuschüsse für den Landkauf gewährt, durch die durchgeführte Agrar-Reform, den Schutz der Pachtbauern, der sozialen Absicherung der bäuerlichen Familien usw. Seit 1970 wird die Landwirtschaftspolitik durch regionale Verwaltungsstellen geregelt. Diese intervenieren zum Vorteil der Familienbetriebe, junger Unternehmen und Kooperativen, bieten Zuschüsse zum Kauf von Traktoren und anderen Gerätschaften sowie Kredite und Steuerermäßigungen an. Diese Maßnahmen genügen jedoch nicht, um ausreichende Einkommen für viele dieser Familienbetriebe zu gewährleisten. Sollen ausbreitende Not und schwere soziale Probleme vermieden werden, müssen Mittel und Wege gefunden werden, die Einkommen auf den Höfen oder in der direkt benachbarten örtlichen Wirtschaft abzusichern.


  1. Kooperation Einzelne Kleinerzeuger dürften nicht in der Lage sein, sich alleine einen Zugang zu den Absatzmärkten zu verschaffen. Ihnen kann durch die Gründung von Kooperativen und Syndikaten geholfen werden, mit denen die Möglichkeiten der Qualitätskontrolle, der Weiterverarbeitung, der Vermarktung usw. erreicht werden können, die alle lebenswichtig dafür sind, um mit Großproduzenten in den Wettbewerb zu treten.

Die Obstversteigerungshalle in Borgloon in Limburg (Belgien) spielt eine entscheidende Rolle im Leben von 2.500 Bauern. Diese sind Mitglieder einer Genossenschaft, der das Auktionszentrum gehört. Die Genossenschaft betreibt das Zentrum, um äpfel, Birnen, Pflaumen, Beeren und andere Früchte zu verkaufen, mit einem jährlichen Umsatz von rd. 2,2 Mrd. BF. Auktionen werden an sechs Tagen in der Woche und in 10 ¸ Monaten des Jahres abgehalten. Jeden Abend liefern die Bauern ihre Früchte der Saison an, welche dann sofort nach in ganz Belgien gültigen Qualitätsstandards bewertet werden. Am nächsten Morgen findet die Auktion statt. Die Auktionshalle ist mit ähnlichen Einrichtungen in ganz Belgien vernetzt und jeder Bieter kann die Hälfte oder mehr jeder angebotenen Charge irgendeines Anbieters in irgendeinem Auktionshaus ersteigern. Zusammen mit der Tiefkühllagerung zur Verlängerung der Saison ist es das Resultat dieses Systems, allen Erzeugern von Borgloon, ob groß oder klein, den europäischen Markt für jede Obstgüteklasse zu öffnen, mit Preisen, die einen Anreiz zur Qualitätssteigerung bieten.


  1. Qualität. Eine effektive Vermarktung von Produkten einer bestimmten Region oder Tradition kann sehr stark durch die Einführung von Qualitätsstandards befördert werden, denen der Konsument vertrauen kann. Dieses Prinzip wird bereits erfolgreich im Weinhandel angewendet und versetzt die Weinerzeuger beispielsweise in Osteuropa in die Lage, ein nennenswertes Einkommen aus den Exporten zu beziehen. Es wird auch bei vielen anderen Lebensmittelprodukten eingesetzt.

    (Beispiel: Eine Lachs-Erzeugungs-Genossenschaft in Irland, in der sich, um Qualitätsstandards aufzustellen, 10 Erzeuger zusammengeschlossen haben, vermarktet ihre Fischprodukte in Paris und anderen Bestimmungsorten).
  2. Werbung. Die Vermarktung von Nahrungsmittelprodukten kann über viele Mittel der Werbung erfolgen - Training und Anleitung für die Produzenten, Verbesserung und Kontrolle der Qualität, Werbung und öffentlichkeitsarbeit etc. Eine solche Werbung kann sehr wohl in Verbindung mit einer bestimmten Region gebracht werden, um die Identifizierung zu verstärken und die Qualität des Ortes mit der Qualität des Produktes zu verbinden. Sie kann ebenso eng mit den Bemühungen der touristischen Werbung verbunden werden.

Der Normandie-Maine Regionalpark in Frankreich umfaßt das Gebiet um Chareton, welches eine lang zurückreichende Tradition im Anbau von äpfeln und Birnen sowie in der Mostherstellung, der Herstellung von Calvados, poirŽe und anderer Getränke hat. Die Regionalparkverwaltung hat ein "Haus des Apfels und der Birne" eröffnet, in dem die Techniken des Obstanbaus, der Mostproduktion usw. gezeigt werden und wo die Besucher die Produkte probieren und kaufen dürfen. Die Erzeuger geben hierzu technische Anleitungen. Eine gekennzeichnete Route führt die Besucher durch die Landschaft mit zahlreichen Obstwiesen, vorbei an Bauernhöfen, wo ebenfalls Produkte erworben werden können.


Stützbar, multi­Zweckforstwirtschaft

  1. Ein abwechslungsreiches Erbe Vor 10.000 Jahren bedeckte Wald und Buschwerk den größten Teil Europas. Heutzutage sind es noch rund 30 Prozent der europäischen Landfläche. Die Wälder sind sehr abwechslungsreich und spiegeln die großen klimatischen Zonen und Landschaftsformationen sowie unterschiedliche Böden in den verschiedenen Teilen Europas wider - von den Nadelwäldern der arktischen und sub-arktischen Zonen bis zu den Laubwäldern Osteuropas, den Nadelbäumen der Alpen und dem Buschland, den Pinien-, Oliven- und Korkeichenhainen der Mittelmeerländer. Vielseitige Nutzungsformen Historisch gesehen haben die Wälder vielen Zwecken der europäischen Menschen gedient. Sie haben Schutz und Zufluchtstätten geboten; Feuerholz, Holz für Schiffe, für Gebäude, Möbel, Werkzeuge und andere Nutzungen geliefert. Auch gaben sie Nahrung für Mensch und Haustier, in Form von Wildbret, Nüssen und Früchten, Laub, Pilzen usw. Die Wälder dienten aber auch der Erbauung, der Erholung und dem Vergnügen für viele erfolgreiche Generationen. Sie waren oft sehr eng mit der Landwirtschaft verbunden und fanden darüber hinaus Einzug in die Folklore und Psyche vieler europäischer Völker. Gegenwärtige Entwicklungen Die letzten 2 Jahrhunderte haben in einigen Teilen Europas sowohl zu einem beschleunigten Prozeß der Entwaldung geführt als auch zu einer Forstwirtschaft mit Kahlschlägen und anschließenden Wiederaufforstungen. In zunehmendem Maße wurde die Holzproduktion intensiviert. Der Trend ist nun dahingehend, Wälder nur noch zu einem Zweck zu bewirtschaften, nämlich für die reine Holzproduktion. Produktion und Verarbeitung finden zudem in großen Einheiten statt (Säge-, Papier- und Fasermühlen). Als Resultat finden sich in manchen Ländern große Waldgebiete bestehend aus Monokulturen, deren Sorten zumeist in der Region nicht heimisch sind und die in gleichaltrigen Beständen wachsen. Das forstliche Betriebssystem tendiert zu seltenen Eingriffen, denen dann der Kahlschlag ganzer Gebiete folgt. Dabei kommen schwerste Maschinen zum Einsatz, mit anschließender Tiefpflügung und erneuter gleicher Bepflanzungsart in großen Waldschlägen. Gebündelte Vorteile Diese Betriebsweise bringt Wälder hervor, die mit den früheren Urwäldern Europas, die die verschiedenen beschriebenen Nutzungsmöglichkeiten boten, keinerlei ähnlichkeit mehr haben,. Viele gegenwärtige Wälder sind landschaftlich eintönig und arm an Lebensräumen. Sie bringen verarmte Böden hervor, die des weiteren noch durch schwere Maschinen geschädigt werden. Sie produzieren nur noch in Intervallen von 50 und mehr Jahren Holz und das Ernteverfahren hinterläßt keine zusätzliche Wertschöpfung am Ort, da die Bäume als Rundhölzer zu den entfernten weiterverarbeitenden Betrieben gebracht werden. Hauptprobleme. Drei weitere Hauptprobleme treffen auf die europäischen Wälder: Vernachlässigung, Feuer und Saurer Regen.

    Vernachlässigung findet man vor allem in kleineren Wäldern Nordeuropas auf armen Böden oder auf Hanglagen sowie in der Macchia der südlichen Länder. Feuer stellen eine ernstzunehmende Bedrohung in den Mittelmeerländern dar, speziell in Spanien und Südfrankreich. Feuer beginnen häufig zufällig oder sind das Ergebnis von Brandstiftung. Sie erfassen die Macchia und weiten sich dann auch schnell auf die Wälder aus, bedrohen dabei Städte und Touristengebiete. Saurer Regen entsteht ursächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe z.B. in Fahrzeugen, Kraftwerken, Fabriken und Häusern überall in Europa. Er hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Natur und Gebäude und ist der Hauptgrund für das Waldsterben, speziell in Teilen Nordeuropas, Skandinaviens, Deutschlands und den Baltischen Staaten, welche allesamt in der Hauptwindrichtung des Kontinents liegen. Nachhaltigkeit . Seit kurzem werden viele europäische Wälder vernachlässigt oder auf eine Art und Weise bewirtschaftet, welche nicht nachhaltig ist. Als Hauptursache ist die einseitige Sichtweise anzusehen, welche den Wald nur allein als eine Quelle von Holz und Zellstoff betrachtet und jene Wälder vernachlässigt, die zur Erzeugung hiervon als nicht fähig angesehen werden. Eine radikale Wende ist erforderlich. Ein neuer Schwerpunkt sollte auf einer nachhaltigen und vielseitigen Forstwirtschaft liegen, wie es in der Walderklärung, welche in Rio vereinbart wurde, vertreten wird. Pioniere. Förster und Waldbesitzer gehörten tatsächlich zu den ersten Vertretern des Prinzips der Nachhaltigkeit. Anfang dieses Jahrhunderts entwickelten Gifford Pinchot in den Vereinigten Staaten, Dr. Alfred Möller in Deutschland, Wilfred Hiley in England und andere die Theorien und praktische Umsetzung für eine nachhaltige Forstwirtschaft. Sie wandten sich ab von der Konzeption großer gleichaltriger Bestände und Kahlschlagswirtschaft, hin zu ungleichaltrigen Beständen mit kontinuierlichem Waldschirm und phasenweiser Nutzung. Diese Gedanken hatten keine große Anhängerschaft aber sie bieten nun einen Schlüssel zur Lösung der Probleme im Wald, nicht nur in Europa sondern in der ganzen Welt z.B. zur Behebung der entsetzlichen Schäden am Weltökosystem und am Weltklima aufgrund der Vernichtung der tropischen Regenwälder. Bäuerliche Forstwirtschaft . Eine neue Herangehensweise in der europäischen Forstpolitik muß selbstverständlich einerseits die Möglichkeiten zur Umnutzung von Flächen, die nicht mehr für die Landwirtschaft benötigt werden, andererseits neue Einkommensquellen für die Landwirte selbst aufzeigen. Das OECD Arbeitstreffen zur Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt, abgehalten in Madrid im Oktober 1994, konzentrierte sich auf dieses Hauptthema und ergab eine intensive Beschäftigung mit den Möglichkeiten einer bäuerlichen Forstwirtschaft, die wie folgt definiert wurde:
  1. "Die Ausrichtung und der Gebrauch von Hofressourcen (speziell von Boden und Arbeitskraft) hinsichtlich forstwirtschaftlicher Aktivitäten. Dies beinhaltet die Einbeziehung des Landwirts in Baumpflanzungen auf seiner Betriebsfläche unter Einsatz von agroforstwirtschaftlichen Techniken oder in der Errichtung von Waldparzellen und in der Bewirtschaftung bestehender Waldstücke, um das Einkommen zu diversifizieren, des weiteren die Verbesserung des Anwesens und häufig die Anhebung des Kapitalwertes des Betriebes bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt sowie die Entwicklung des Freizeitwertes der Betriebsfläche. Es kann aber auch forstwirtschaftliche Aktivitäten auf dem Betrieb umfassen, an denen nicht direkt die Arbeitskraft des Hofes eingebunden ist (z.B. Baumpflanzung durch öffentliche oder private Unternehmer, die vom Landwirt unter Vertrag genommen wurden)" (G. Bonnis, überblick und wichtige politische Richtlinien" Papier zum OECD Arbeitstreffen)

  2. Wälder des Mittelmeerraumes Eine neue Handlungsweise zur nachhaltigen und vielseitigen Forstwirtschaft in Europa sollte auch ein ehrgeiziges Programm zur Wiederaufforstung geeigneter Flächen in den Mittelmeerländern umfassen, um die großartigen Pinien- und Eichenwälder klassischer Zeitalter wiederherzustellen und der Bodenerosion auf den zerstörten Flächen Einhalt zu gebieten. Die Skala der möglichen Herausforderung wird in dem nationalen Aufforstungsprogramm Spaniens sichtbar.

Die Nationale Strategie zum umfassenden Schutz der spanischen Natur hat drei Hauptziele, die Verlangsamung der Umweltzerstörung mit Hilfe natürlicher Prozesse, Erhalt und Pflege der Biodiversität durch Schutzmaßnahmen und nachhaltigem Nutzen einzelner Arten sowie die Umkehrung der Auswirkungen von Umweltzerstörungen durch menschliche Aktivitäten. Die formellen Maßnahmen beinhalten einen Fünfjahres- Investitionsplan, um der Verwüstung zu begegnen. In diesem Plan sollen 450.000 ha erodiertes Land wiederaufgeforstet, die Pflanzendecke auf weiteren 400.000 ha wiederhergestellt und Feuerpräventionsmaßnahmen auf 250.000 ha durchgeführt werden. Dieses vervollständigt ein Programm, welches bereits 1993 im Rahmen der sogenannten ausgleichenden Maßnahmen der GAP gestartet wurde und das Unterstützungen an Bauern gewährt, abgelegenere landwirtschaftliche Flächen mit Bäumen zu bepflanzen. Fünfzehntausend Bauern haben sich bisher beteiligt, auf einer Fläche von rd. 330.000 ha. Es wird damit gerechnet, daß innerhalb dieses Fünfjahres-Programms rd. 800.000 ha aufgeforstet werden.


  1. Neue Wälder . Die neue Handlungsweise sollte neue ausgedehnte Wälder auch in anderen Ländern beinhalten, beispielsweise in Irland und dem Vereinigten Königreich, die kaum noch durch Waldflächen bedeckt sind. Diese neuen Wälder können sich auch ruhig auf Flächen befinden, die durch die Industrie und den Bergbau in Mitleidenschaft gezogen wurden aber besser für eine forstliche Nutzung geeignet sind (aus topographischen oder anderen Gründen) als für eine landwirtschaftliche oder wo die Entwicklung der Landschaft und Möglichkeiten für die Erholung in der Nähe von Städten benötigt wird.

Ein staatlicherseits gefördertes Programm schafft derzeit 12 Gemeindewälder in England. Diese Wälder mit einer durchschnittlichen Größe von 250 Quadratkilometern sind dazu gedacht, die Landschaft von stadtnahen Gebieten, welche durch den Bergbau ausgeplündert wurden, bzw. vernachlässigte landwirtschaftliche Flächen, umzuwandeln. Ca. 30% jedes ausgewiesenen Forstgebietes wird mit Bäumen bepflanzt und mit einem Mosaik von Bauernhöfen und offener Landschaft umgeben. Diese neuen Landschaften sollen zudem reich an Naherholungsmöglichkeiten sein.


  1. Bewirtschaftung der Waldflächen . In einigen Ländern muß die Bewirtschaftung und die Entwicklung geschädigter und vernachlässigter Wälder abgeändert werden, um derzeit ungenutzte Vorteile, einschließlich neuer Einkommensquellen für Landwirte und Waldbesitzer, zu erschließen.

Im Jahre 1975 wurde Coed Cymru in Wales als eine nicht auf Gewinn ausgerichtete Organisation, durch staatliche Stellen, lokale Behörden u.a. gegründet, um eine kostenlose Beratung für Bauern und Landbesitzer, über den besten Umgang mit den Wäldern, dem Holz und weiterverarbeiteten Holzprodukten, zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot wird durch ein Netzwerk von Forstberatern gewährleistet, welche in jedem Distrikt, Bezirk und Nationalparkbehörden zu finden sind. Ziel ist es die Traditionen der Waldbewirtschaftung und die örtliche Verwendung von Holz wiederzubeleben.


  1. ForstwirtschaftWir befürworten sowohl neue Anpflanzungen als auch eine nachhaltige Forstbewirtschaftung in bestehenden Waldgebieten. Wir verstehen darunter eine Forstwirtschaft, die sich auf die Anwendung dreier Hauptprinzipien gründet:

    Innerhalb ungleichaltriger Bestände darf die Herausnahme von Holz nur als regelmäßige Läuterung (Ausdünnung) einzelner ausgewachsener Bäume erfolgen. Kahlschläge größerer Flächen sind abzulehnen. Die natürliche Regeneration ist der Wiederbepflanzung vorzuziehen. Bringungstechniken mit minimalen Belastungen an Boden und am lebendigen Wald sind zu bevorzugen. Es sollte ein großes Bewußtsein über die Biodiversität in der Form vorhanden sein, daß die Wälder der lokalen Topographie, den Böden, dem Klima und den einheimischen Baumarten entsprechen und die natürlichen Artenvorkommen unterstützen.
Zusätzliche Wertschöpfung aus land- und forstwirtschaftlichen Produkten
  1. Ursprünge . Historisch gesehen, sind auf dem Hof erzeugte Produkte der Feld- und Waldwirtschaft die entscheidenden Faktoren in der Existenz und der Lebensart menschlicher Ansiedlungen. Menschen ließen sich an bestimmten Orten nieder, wenn diese ihnen bestimmte Quellen an Nahrung, Nutz- und Feuerholz zur Verfügung stellten. Sie bauten ihre eigenen Nahrungsmittel an und verarbeiteten diese selbst weiter oder waren von anderen abhängig, die dieses in ihrer unmittelbaren Nähe taten. Sie benutzten das Holz, um sich ihre Häuser zu bauen oder um Möbel, Werkzeuge, Karren und Wagen herzustellen. Allerdings wurden die meisten Produkte der Höfe und Wälder in unmittelbarer Nähe gebraucht und die örtliche Wirtschaftet zog Vorteile aus dieser Wertschöpfung. Schwächung . über die Jahrhunderte haben viele Faktoren zu einer Schwächung des örtlichen Nutzens und der örtlichen Wertschöpfung geführt. Diese Faktoren schlagen sich auch in der Politik der Regierungen nieder, Nahrungsmittel und Nutzholz den Provinzen abzuverlangen und diese in den Zentren weiterzuverarbeiten. Verbesserungen im Transportwesen erlaubten Entwicklungen, wie Zentralisierung des Handels und das Entstehen großer Weiterverarbeitungseinheiten, die Markterweiterung, die Entstehung neuer wettbewerbsfähiger Produkte, einschließlich z.B. künstlicher Holz-Ersatzstoffe. Verlust an Vielfältigkeit Wir stellen nicht die Vorteile, die diese Faktoren für den Verbraucher in den Städten gebracht haben in Abrede. Wir sind jedoch der überzeugung, daß der dafür bezahlte Preis zu hoch ist. Dieser Preis wird deutlich im Verlust an Diversität und am Verlust der Produktqualität, welche früher durch lokale Weiterverarbeitung der Nahrungsmittel und des Holzes sichergestellt wurde sowie am Verlust der Wertschöpfungsmöglichkeiten, auf denen die lokalen ökonomien beruhten. So werden beispielsweise aus den Wäldern der Ostslowakei große Bäume entnommen und als Stämme hunderte von Kilometern per Lkw zu den Sägemühlen Deutschlands gebracht. Das erzeugt zum einen großen Verbrauch fossiler Brennstoffe und Umweltverschmutzung, durch den Transport über die Straße, zum anderen wird keine zusätzliche Wertschöpfung an den Orten, wo die Bäume wachsen, erbracht. Gleichzeitig werden in diesen Regionen, in denen die Häuser üblicherweise ganz aus Holz gebaut wurden nun aber die neuen Häuser aus Betonsteinen errichtet, welche wiederum von weit her angeliefert werden müssen. Damit verlieren diese Gemeinden außerdem noch ihren spezifischen Charakter! Nutzen aus zusätzlicher Wertschöpfung . Zusätzliche Wertschöpfung dürfte dem Produzenten direkte Vorteile bringen. Dieses wird erreicht durch den Direktverkauf, beispielsweise in Hofgeschäften oder "Selbst-Pflück"-Systemen, was Einzelhandelspreise statt Erzeugerpreise ermöglicht. Es können Einkommen durch eigene Weiterverarbeitung der Feldfrüchte und des Nutzholzes, z.B. zu Käse, Wein, Fleisch, Feuerholz oder andere Holzprodukte, weiterhin durch die Bewirtung der Besucher, durch Mitgliedschaft in einer Genossenschaft oder Gruppe, die solches tut sowie durch den Besitz oder Teilhabe an einem Weiterverarbeitungsunternehmen erzielt werden. Zusätzliche Wertschöpfung kann auch anderen in der Gemeinde zufallen, was ebenfalls den Landwirten und Forstunternehmen indirekt zugute kommt, da die ländliche Wirtschaft insgesamt gestärkt wird.
  2. Ergreifung der Initiative . öffentliche und private Akteure sollten selbst aktiv werden bzw. Aktivitäten unterstützen, um zusätzliche Wertschöpfungen von land- und forstwirtschaftlichen Produkten innerhalb der Erzeugergebiete zu erreichen. In vielen Fällen kann dies durchaus von den Bauernhöfen und forstwirtschaftlichen Betrieben selbst in die Hand genommen werden.

Die landwirtschaftliche Kooperative Chokovce in der Ostslowakei verlor einen großen Teil ihres Einkommens, aufgrund der politischen Veränderungen in den letzten Jahren. Dieses nötigte die Mitglieder der Kooperative dazu, nach neuen Einkommensquellen Ausschau zu halten. Man beschloß eine Winzerei aufzubauen, um eine zusätzliche Wertschöpfung an den selbst geernteten Weintrauben zu bekommen, die vorher an einen weit entfernten Weinhersteller geliefert wurden.


  1. Auf Traditionen bauen . In vielen Regionen gibt es weit zurückreichende Traditionen für zusätzliche Wertschöpfung aus land- und forstwirtschaftlichen Produkten. Die moderne Wirtschaft dieser Gebiete kann auf diese Traditionen aufbauen. Dieses bringt weiteren Nutzen für den Erhalt der kulturellen Vielfältigkeit, welche eine der besonderen Eigenarten des ländlichen Europas darstellt.

Schweden, das Land der Wälder, hat eine jahrhundertealte Tradition im Holzbau sowie in der Bewahrung seiner Holzbauten durch Holzschutzmittel; zu nennen wäre hier die berühmte Rote Falun Farbe. In Schweden kann man üblicherweise viele kleine Sägewerke antreffen, die Rundholz produzieren, welches direkt vor Ort aufbereitet wird und aus dem dann moderne Eigenheime in alter Blockhaus-Tradition gebaut werden können. Die Rote Falun Farbe, die in der 1000 Jahre alten Kupfermine in Stora Kopparberg hergestellt wird, wird immer noch als Holzschutzmittel gebraucht und ist ein charakteristischer Farbbeitrag im schwedischen Landschaftsbild.


  1. Innovation. Durch Gegenüberstellung können neue Prozesse und Absatzmärkte entwickelt werden, die zusätzliche Wertschöpfungen an land- und forstwirtschaftlichen Produkten zulassen. Land- und forstwirtschaftliche Flächen, auf die die Sonne einwirken d.h. Photosynthese stattfinden kann, sind große Quellen erneuerbarer bzw. vielseitiger Rohmaterialien. Im Zuge zunehmender wissenschaftlicher Erkenntnis können neue Einsatzmöglichkeiten gefunden und nutzbar gemacht werden, was wiederum zusätzliche Wertschöpfung bedeuten kann. Durch Gegenüberstellung können neue Prozesse und Absatzmärkte entwickelt werden, die zusätzliche Wertschöpfungen an land- und forstwirtschaftlichen Produkten zulassen. Land- und forstwirtschaftliche Flächen, auf die die Sonne einwirken d.h. Photosynthese stattfinden kann, sind große Quellen erneuerbarer bzw. vielseitiger Rohmaterialien. Im Zuge zunehmender wissenschaftlicher Erkenntnis können neue Einsatzmöglichkeiten gefunden und nutzbar gemacht werden, was wiederum zusätzliche Wertschöpfung bedeuten kann.
  2. Investitionen. Zur Erreichung zusätzlicher Wertschöpfung aus land- und forstwirtschaftlichen Produkten sind Investitionen öffentlicher und privater Institutionen notwendig.

43% der Landfläche Lettlands sind bewaldet. 2/3 der Wälder gehören dem Staat, 1/3 den Kollektivbetrieben. Seit dem Kriege wurde wenig Nutzen aus den Forstprodukten gezogen, da viele Bäume von geringer Qualität waren und es nur wenige Weiterverarbeiter in Lettland gab. Große Weiterverarbeiter gab es hingegen in der Sowjetunion. Mit Hilfe von Experten und finanzieller Unterstützung aus Schweden haben die Letten nun ein Netzwerk kleiner Sägemühlen und Spanerzeuger aufgebaut, um zusätzliche Wertschöpfung aus ihren Wäldern zu ziehen.


Wer soll die Verantwortlichkeit übernehmen?
  1. Die Prinzipien und Handlungsrichtlinien, die vorgestellt wurden, bedeuten eine große Herausforderung für alle Beteiligte - besonders für die Landwirte, Waldbesitzer, ländliche Kommunen, ländliche Verwaltungsstellen, private und ehrenamtliche Akteure, regionale und staatliche Regierungsstellen sowie die Europäische Union. Landwirte und Waldbesitzer besitzen oder bewirtschaften das Land und kennen seine Kapazitäten: Ihr Leben steht im Mittelpunkt dieser Betrachtung. Ihre Stimme sollten am ehesten Gehör finden bei der Gestaltung ihrer Zukunft. Sie sollten einzeln und gemeinsam ihren Einfluß auf die Land- und Forstwirtschaftspolitik sowie auf die ländliche Entwicklung geltend machen. Sie sollten ihre Ressourcen kreativ dazu einsetzen, ihre Einkommensbasis und die lokale Wirtschaft zu stärken und zu diversifizieren. Sie sollten ihre Höfe und Wälder auf eine nachhaltige Art und Weise bewirtschaften und dabei als Pfleger und Verwalter der Umwelt agieren. Sie sollten sich einer Zusammenarbeit mit anderen Landwirten, Waldbesitzern und anderen Akteuren innerhalb der ländlichen Gemeinden öffnen, wo dies zum Nutzen der Menschen und des Landes dienlich ist. Ländliche Gemeinden sollten stolz auf ihre Traditionen und die modernen Ressourcen ihrer Bauernhöfe und Wälder sein. Sie sollten sich der zentralen Rolle von Land- und Forstwirtschaft, speziell der Familienbetriebe, in Hinblick auf die ländliche Kultur bewußt werden. Sie sollten die Anstrengungen der Landwirte und Waldbesitzer unterstützen, in nachhaltiger Weise zu wirtschaften, Einkommen zu diversifizieren und zusätzliche Wertschöpfung ihrer Produkte zu erreichen. Sie sollten die Verbindungen zwischen der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und anderen Sektoren des ländlichen Lebens stärken. örtliche Behörden sollten die Land- und Forstwirtschaft in den Rahmen ihrer Politik und Handlungen mit einbeziehen. Sie sollten die Ressourcen und Fertigkeiten der Landwirte und Waldarbeiter als Aktivposten mit Schlüsselfunktion in ihren Programmen für eine nachhaltige ländliche Entwicklung und für die Pflege der Umwelt berücksichtigen. Private und ehrenamtliche Organisationen n können eine Führungsrolle zur Durchsetzung zusätzlicher Wertschöpfung bei land- und forstwirtschaftlichen Produkten, zur Werbung für diese Produkte, zur Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft, bei der Erhaltung handwerklicher Fertigkeiten und bei der Entwicklung nachhaltiger Handlungsweisen in der Land- und Forstwirtschaft übernehmen. Regional- und Landesbehörden n spielen eine entscheidende Rolle, in dem sie zunehmend ihre Politik in Richtung auf eine nachhaltige Land- und Forstbewirtschaftung verändern. Sie sollten diese Sektoren mit Entschlossenheit in den Zusammenhang mit einer integrierten ländlichen Entwicklungspolitik bringen. Sie sollten sicherstellen, daß dieser integrierte Ansatz unter Beteiligung aller derjenigen erfolgt, die mit der Land- und Forstwirtschaft zu tun haben. . Die Europäische Union n sollte des weiteren ihre GAP zu einer Europäischen Politik des ländlichen Raumes umwandeln. Hierbei sollte es eine starke Betonung auf Nachhaltigkeit, regionale Vielseitigkeit, ländliche Entwicklung, diversifizierte Hofeinkommen und auf den Schutz der Umwelt geben. Die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft sollten zunehmend von der Unterstützung der Waren zur Unterstützung von sozialen Vorteilen und Vorteilen für die Umwelt umgeleitet werden, während gleichzeitig die Kontinuität der Lebensmittelversorgung gewahrt bleibt. Der Einsatz finanzieller Mittel sollte die große Unterschiedlichkeit innerhalb der europäischen Landwirtschaft berücksichtigen. Zunehmende Verbindungen sollten zwischen der Land- und Forstwirtschaftspolitik und der EU Politik bzw. den Programmen für regionale und ländliche Entwicklung sichergestellt werden. Die Hilfen der EU für Osteuropa, durch PHARE und andere Programme, sollten im wesentlichen die gleichen Prinzipien beinhalten. Dabei müssen besonders die schwierige Umformung, der die Landwirtschaft dort unterworfen ist und die höchst unterschiedlichen Strukturen von vor 1989 Berücksichtigung finden.

    ECOVAST stellt hierzu fest, daß die Landwirtschaftssysteme dieser Länder Zeit brauchen, um Strukturanpassungen zu vollziehen. Sicherlich sollten sie nicht in radikale Veränderungen hineingetrieben werden. Die öffnung der Absatzmärkte für Lebensmittel und Waldprodukte wird für diese Länder von großer Wichtigkeit sein. Wohlüberlegte Hilfen für die Landwirtschaft müssen mit den anderen Teilen der ländlichen Wirtschaft abgestimmt werden.
  2. ECOVAST sieht sich in die Pflicht genommen, praktische Ideen durch sein weitverzweigtes Netzwerk zu verbreiten, um die Evolution zu einer wahrhaft nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft zu befördern.

Prinzipien der Nachhaltigkeit

Die folgenden Prinzipien der Nachhaltigkeit, in bezug auf Landwirtschaft und Forstwirtschaft wurden aus folgenden Dokumenten entnommen:

In der Agenda 21 heißt es:

"Sowohl in den Industrieländern als auch in den Entwicklungsländern sind auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene umfangreiche Anpassungen im Agrar- und Umweltschutzbereich sowie auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene notwendig, damit die notwendigen Voraussetzungen für eine nachhaltige, standortgerechte Landwirtschaft und ländliche Entwicklung geschaffen werden können. Oberstes Ziel dieser Entwicklung ist die nachhaltige Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und die Verbesserung der Ernährungssicherung."

"Das Fehlen einheitlicher nationaler Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ist relativ häufig zu beobachten und nicht nur auf die Entwicklungsländer beschränkt. Insbesondere die im übergang von der Planwirtschaft zur marktwirtschaftlichen Ordnung befindlichen Wirtschaftssysteme benötigen einen solchen Rahmen·"

"Die politischen Konzepte, Verfahren und Mechanismen zur Unterstützung und Stärkung der vielfältigen ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rolle der Bäume, Wälder und Waldgebiete weisen gravierende Schwachpunkte auf. Viele Industrieländer sind mit den Auswirkungen von Schadstoffeinträgen aus der Luft und Brandschäden in ihren Wäldern konfrontiert. Häufig sind wirksamere Maßnahmen und Ansätze auf nationaler Ebene erforderlich,·, will man zu einem vernünftigen und ganzheitlichen Ansatz für die nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung der Wälder kommen."

Die Konvention über die biologische Vielfalt ruft zu Aktionen auf nationaler Ebene auf, damit

Die Walderklärung besagt in ihren Grundsätzen:

"Leitziel (dieser Grundsätze) ist es, zur Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung der Wälder beizutragen und deren vielfältige und sich gegenseitig ergänzende Funktionen und Nutzungen zu sichern."

Sie empfiehlt:

"Forstliche Ressourcen und Waldgebiete sollen nachhaltig bewirtschaftet werden, um den sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen und geistigen menschlichen Bedürfnissen heutiger und künftiger Generationen gerecht zu werden. Diese Bedürfnisse beziehen sich auf forstwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen wie Holz- und Holzerzeugnisse, Wasser, Nahrungs- und Futtermittel, Arzneimittel, Brennstoff, Schutz, Arbeit, Erholung, Lebensräume für wildwachsende Pflanzen und wildlebende Tiere, landschaftliche Vielfalt, Kohlendioxidsenken und -speicher sowie sonstige Forstprodukte. Geeignete Maßnahmen sollen getroffen werden, um die Wälder vor schädlichen Auswirkungen der Umweltverschmutzung, einschließlich des Schadstoffeintrags aus der Luft, sowie vor Feuer, Schädlingen und Krankheiten zu schützen, um ihren vielfältigen Wert in vollem Umfang zu erhalten."

Das 5. Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" zielt auf fünf wesentliche Bereiche, von denen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei einen Bereich umfassen (die anderen behandeln Energie, Industrie, Transportwesen und Tourismus). Der Bericht betont im besonderen Maße den negativen Einfluß einiger Bewirtschaftungspraktiken in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Fischerei, einschließlich der Problematik von Rückständen in Wasser, Nahrungsmitteln und Böden. Er befaßt sich weiterhin mit dem Verlust von Flora, Fauna und Biotopen, der Verschmutzung von Luft und Wasser, der Abnahme der Wasservorkommen, Verarmung oder Versalzung der Böden und der Veränderung der Landschaft. Das Programm nennt Handlungsfelder, um diesen Problemen zu begegnen und setzt sich hierzu folgende Ziele: